Erwerbstätigkeit von Frauen Wie Japan sich selbst im Weg steht

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In Japan wird Frauen der Aufstieg verwehrt

Aber die Maßnahmen sind nur halbherzig, Frauen bleiben in Japan weiter vielfach benachteiligt. Die Strukturen arbeiten gegen sie. Das zeigt sich etwa im Steuerrecht für Ehepaare. Solange ein Partner weniger als 12.000 Euro im Jahr verdient, gibt es einen Freibetrag für den Hauptverdiener von 3000 Euro. Bei steigendem Verdienst sinkt der Freibetrag, über 16.000 Euro Verdienst beträgt er null. Also bleiben viele erwerbstätige Ehefrauen unter diesen Grenzen. Tatsächlich verdient fast jede zweite Frau in Japan weniger als 16.000 Euro und jede vierte weniger als 8000 Euro. Die Regierung erhöhte das Verdienstlimit für den Freibetrag im Vorjahr zwar um die Hälfte. Aber Experten hatten die Abschaffung gefordert.

Auch bei der Frauenquote hat die Abe-Regierung deprimierend wenig erreicht. Bis 2020 sollten Frauen ursprünglich 30 Prozent aller Führungsjobs übernehmen. Doch das Ziel wurde auf zehn Prozent gekürzt – in vielen Unternehmen gibt es schlicht zu wenige festangestellte Frauen mit genügend Berufserfahrung. Derzeit sind nur drei Prozent der leitenden Beamten in der Zentralregierung und fünf Prozent der führenden Manager in Unternehmen weiblich. Daher dürfte auch die niedrigere Quote nicht erreicht werden.

Überall in Gesellschaft und Wirtschaft wird Frauen der Aufstieg verwehrt. So mussten mehrere medizinische Universitäten kürzlich zugeben, dass sie die Ergebnisse von Zulassungsprüfungen weiblicher Bewerber manipuliert hatten, um den Frauenanteil ihrer Studenten niedrig zu halten. Dabei handelt es sich nur um die Spitze eines Eisbergs.

Jeder zweite Universitätsabsolvent ist weiblich. Danach beginnt die Diskriminierung. Eine akademische Karriere steht ihnen selten offen. Der Frauenanteil unter Doktoranden in Japan ist der niedrigste aller OECD-Staaten. Und die Unternehmen vergeben Traineestellen, die auf Manageraufgaben vorbereiten, fast nur an Männer. Das Denken dahinter: Eine Investition in Frauen lohne sich nicht, da sie heirateten und nach dem ersten Kind kündigten.

Doch es ist die mangelnde Ermutigung und Unterstützung seitens der Unternehmen, des Ehemanns und oft auch der älteren Generation, die junge Mütter dazu zwingen, ihre berufliche Ambitionen aufzugeben – ein Teufelskreis. „Viele Japanerinnen fühlen sich so, als ob ihnen überall Hürden in den Weg gestellt werden“, erklärte Hiromi Murakami, Gründerin eines Instituts zur Förderung von Unternehmerinnen. Sogar viele beruflich aktive Frauen hätten wenig Selbstvertrauen.

Laut dem „Asia Gender Diversity Report“ der Personalagentur Hays wollen 13 Prozent der japanischen Karrierefrauen binnen drei Jahren zur Geschäftsführerin aufsteigen. Aber befragte Frauen in vier anderen asiatischen Ländern haben viel höhere Ziele. In Singapur zum Beispiel wollen 34 Prozent der Frauen nach drei Jahren Geschäftsführerin sein.

Damit bleibt Japan in einer Spirale stecken: Die Strategie der Regierung bewegt trotz mancher richtiger Maßnahme zu wenig, um das traditionelle Rollenbild von Frauen in seinen Grundfesten zu erschüttern. Ein wichtiger Hebel wäre zum Beispiel, die bisherige Trennung in reguläre und irreguläre Jobs aufzuheben, schlug die Unternehmensberaterin Kobayashi vor. Dann könnten die Festangestellten zwischen Teilzeit und Vollzeit wechseln, was bisher nicht möglich ist. Auch die Frauenquote stiege. „Der Übergang zwischen Teilzeit und Vollzeit vergrößert den weiblichen Pool im Unternehmen für die Auswahl von Managern“, meinte Kobayashi.

Außer auf offiziellen Fotos lässt Premier Abe die Frauen kaum glänzen. In sein Kabinett mit 20 Mitgliedern berief er mit Satsuki Katayama eine einzige Frau. Seine Ausrede: Katayama habe die Präsenz von zwei oder drei Frauen auf einmal.

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