London Die EU-Finanzmarktaufsicht ESMA will einen Unterbietungs-Wettbewerb der nationalen Regulierungsbehörden um umzugswillige Finanzdienstleister aus London verhindern. Die ESMA kündigte am Donnerstag an, sie werde die Risiken untersuchen, die daraus erwüchsen, dass einige EU-Staaten Finanzunternehmen mit einer besonders milden Regulierung köderten, um im Gegenzug von zusätzlichen Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen zu profitieren. Vor allem Frankfurt, Dublin, Paris und Luxemburg buhlen um Londoner Banken, Vermögensverwalter, Wertpapierfirmen und Versicherer, die nach dem Brexit ein Standbein innerhalb der EU benötigen, um dort weiter ihre Produkte verkaufen zu können.
Der ESMA sind besonders Briefkastenfirmen ein Dorn im Auge, wenn also Unternehmen nur formal ihren Sitz in ein EU-Land verlagern, aber der Vorstand, die IT und das Controlling weiter tatsächlich in London oder einem anderen Land außerhalb der Europäischen Union sitzen. Aufsichtsbehörden wie die deutsche BaFin haben mit Blick auf Banken klargemacht, dass sie dies nicht dulden würden. Doch die ESMA, die Finanzdienstleister überwacht, die keine Kreditinstitute sind, hat Zweifel, ob alle Länder sich an diese Marschroute halten.
Im Fokus hat sie vor allem Fondsgesellschaften und andere Vermögensverwalter. Großbritannien ist für sie bisher weltweit der zweitgrößte Standort nach den USA. Dort werden derzeit rund sieben Milliarden Dollar verwaltet, zum großen Teil für Kunden in der EU. Finanzunternehmen brauchen einen „EU-Pass“ aus einem Mitgliedsland, um in der EU Geschäfte zu machen.
Doch die Macht der ESMA ist – anders als die der EZB als Bankenaufseher – begrenzt. „Der ESMA sind die Hände gebunden, weil sie nur Empfehlungen aussprechen kann, die die nationalen Aufseher geflissentlich ignorieren können“, sagte ein Finanz-Lobbyist in London.