Obwohl die europäische Politik immer wieder beteuert, im Ernstfall erneut einzuspringen, hält die Unruhe in der Bankenszene an. Der spektakuläre Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und die staatlich vermittelte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS vor wenigen Wochen beschäftigt auch die europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister, die an diesem Wochenende zusammen mit den Notenbank-Gouverneuren in Stockholm tagen. Die jüngsten Vorgänge haben ein Schlaglicht auf die unbequeme Frage geworfen, warum die dritte Säule der europäischen Bankenunion noch immer nicht fertig ist.
Der Druck auf die EU-Politik, hier voranzukommen, ist jedenfalls gestiegen. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und der niederländische Ministerpräsident Marc Rutte drängen auf eine Vollendung der Bankenunion, ohne jedoch genau zu sagen, wie sie das genau erreichen wollen. Die bisherigen Vorschläge sind im Kern daran gescheitert, dass Deutschland und einige nordeuropäischen Staaten nicht bereit waren, eine grenzüberschreitende Teilung der Bankenrisiken unter den gegenwärtigen Bedingungen zu akzeptieren. „Eine Einigung auf eine gemeinsame Einlagensicherung wurde durch die schwache Bankenlage in einigen Peripherieländern behindert, da Deutschland befürchtete, für italienische Banken aufkommen zu müssen“, sagt beispielsweise Daniel Gros, Senior Fellow am Centre for European Policy Studies (CEPS).
Risikoteilung besorgt die Nordländer
Immerhin wurde ein Zwischenschritt erreicht. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Euro-Gipfels 2022 arbeitet die EU-Exekutive seitdem an einem „gemeinsamen Rahmen für das Bankenkrisenmanagement und die nationale Einlagensicherung“.
Doch auch dieser Vorschlag stößt in der Bundesregierung noch auf Vorbehalte. Es müsse vermieden werden, dass sich zu viele Risiken aus den jeweiligen nationalen Staatsanleihen in den Bilanzen der einzelnen Banken wiederfinden, hieß es am Donnerstag vor der Stockholmer Konferenz in Berliner Regierungskreisen. Auch die starke Abhängigkeit einzelner Banken von den jeweiligen Regierungen müsse verringert werden. Die Verflechtung zwischen kreditgebenden Banken und staatlichen Schuldnern dürfe nicht dazu führen, dass europäisches Steuergeld für die Rettung schwacher Banken verwendet werde.
Streit um Lockerung der Schuldenregeln
Ebenfalls besprochen wird am Freitag und Samstag in Stockholm der Vorschlag der EU-Kommission, die Schuldenregeln zu lockern. Die geplante Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts sieht für die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten mehr Spielräume vor. Statt einheitlicher Vorgaben für alle setzt die Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen darauf, jedem Land eigene Wege zu eröffnen, um Schulden und Defizite langfristig senken zu können. Das Projekt ist ein zentrales Anliegen von der Leyens, die aufgrund der hohen Staatsdefizite infolge der Pandemie und des Kriegs vor allem den hoch verschuldeten Ländern helfen will. Gerade diese Regierungen müssten ebenfalls die Möglichkeit haben, genug Geld für Investitionen in die grüne Transformation ihrer Volkswirtshaften erhalten zu können, sagt auch Kommissionsvize Valdis Drombrovskis. Nach den Krisenjahren der letzten Jahre seien die Schuldenregeln der Vergangenheit nicht mehr zeitgemäß.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte die Vorschläge von Ursula von der Leyen allerdings als Aufweichung der Stabilitätskriterien ab. Lindner plädiert für die Beibehaltung einheitlicher Vorgaben – auch um den Druck zur Konsolidierung aufrechtzuerhalten. Die bisherigen Vorschläge entsprächen nicht seinen Erwartungen und müssten nachgearbeitet werden.
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