EU-Generalsekretär Die EU-Bürgerbeauftragte rügt die Blitzbeförderung des Deutschen Selmayr

Wochenlang wurde schon im Frühjahr über die Beförderung des Juncker-Vertrauten Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission gestritten.

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Die Ombudsfrau hat die Untersuchungen rund um die umstrittene Beförderung des deutschen EU-Abgeordneten Martin Selmayr durch Jean-Claude Junker geführt. Quelle: dpa

Die Ombudsfrau sprach in einem Prüfbericht am Dienstag von „Verwaltungsmissständen“, weil „die Kommission die einschlägigen Regeln nicht korrekt anwandte, weder in ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn nach“. Das habe „berechtigtes Unbehagen“ ausgelöst.

Selmayr, damals Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, war nach einem Bewerbungsverfahren im Februar zunächst zum Vize-Generalsekretär der EU-Kommission berufen worden. Nur Minuten später beförderte das Kollegium der Kommissare den 47-jährigen direkt zum Generalsekretär, als Juncker überraschend den Rückzug des Amtsinhabers Alexander Italianer bekanntgab.

Juncker und Selmayr wussten nach eigenen Angaben aber schon lange vorher, dass Italianer zu dem Zeitpunkt gehen wollte, und hielten dies geheim.

„Die Kommission kreierte künstlich den Eindruck von Dringlichkeit für die Neubesetzung der Stelle des Generalsekretärs, um rechtfertigen zu können, dass keine Stellenausschreibung veröffentlicht wurde“, monierte O'Reilly.

Zudem sei das Auswahlverfahren für den Vize- Generalsekretär nur organisiert worden, um Selmayr in zwei Schritten rasch zum Generalsekretär zu machen. Auf berechtigte Bedenken habe sich die Kommission anschließend „defensiv, ausweichend und teilweise sogar aggressiv“ geäußert.

Selmayrs Beförderung hatte sofort heftige Kritik ausgelöst. Letztlich stand der Verdacht im Raum, Juncker habe seinem Vertrauten den Spitzenposten in einem undurchsichtigen Verfahren ohne Konkurrenten zugeschanzt.

Aus Sicht der Kommission wurden alle Regeln eingehalten. Doch auch das Europaparlament hatte die Art Berufung gerügt und festgestellt, diese „könnte als putschartige Aktion gesehen werden, die die Grenzen des Rechts dehnt oder sogar überdehnt“.

O'Reilly hatte ihre Überprüfung im Mai auf zwei Beschwerden hin eröffnet. Nun stellte sie fest: „Unsere Untersuchung stützte sich auf die Akteneinsicht in Tausende von internen Kommissionsdokumenten und zeigt die exakten Schritte auf, die die Kommission unternahm, um das Ernennungsverfahren normal aussehen zu lassen. Das alles riskierte, die hart erarbeiteten hohen EU-Verwaltungsstandards und als Konsequenz auch das öffentliche Vertrauen in Gefahr zu bringen.“

Die Bürgerbeauftragte forderte die Kommission auf, ein spezielles Ernennungsverfahren für das Amt des Generalsekretärs zu entwickeln, „um eine Wiederholung der Ereignisse zu vermeiden“. Dazu sollte unter anderem eine Stellenausschreibung gehören.

Bei der Untersuchung sei es nicht um Selmayrs Befähigung gegangen, betonte O'Reilly. Dieser sei in ihren Augen ein kompetenter „EU-Beamter mit großem Engagement für die Europäische Union“.

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