EU-Handelsvertrag mit Kanada EU-Politiker wollen keine Wiederholung des Ceta-Dramas

Lange hat eine belgische Region Politiker in Europa in Atem gehalten. Nun scheint der Handelspakt Ceta mit Kanada zwar gerettet. Doch es bleiben Fragen nach der künftigen EU-Politik. Und ein Eilantrag.

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Quelle: AP

Nach dem dramatischen Ceta-Gezerre wollen EU-Politiker eine Diskussion über die künftige Handelspolitik. Er sehe „alle Vorbehalte bestätigt, dass Europa schwer handlungsfähig wäre“, sagte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger dem Deutschlandfunk am Freitag. Eine „Entflechtung der Kompetenzen“ von europäischer und nationaler Ebene sei notwendig.

Vor allem die Wallonie hatte sich bis zuletzt gegen Ceta gestemmt. Ohne das Einverständnis der gerade mal 3,6 Millionen Einwohner zählenden Region hätte die belgische Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen, was letztlich das Aus für Ceta hätte bedeuten können. Damit es in Kraft treten kann, müssen es alle 28 EU-Staaten unterzeichnen.

Die Linke im Bundestag startete unterdessen einen Versuch, die deutsche Zustimmung zum Freihandelsabkommen Ceta in letzter Minute vor dem Bundesverfassungsgericht zu verhindern. Dazu wurde am Freitag ein Eilantrag in Karlsruhe eingereicht. Die Bundesregierung habe die Auflagen der Verfassungsrichter für eine Zustimmung nicht erfüllt, erklärten die Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch in Berlin.

Die 28 EU-Staaten wollten dem Abkommen der EU mit Kanada bis um 24.00 Uhr am Freitag ihre offizielle Zustimmung erteilen. Das passiert in einem schriftlichen Verfahren. Der Eilantrag zielt darauf ab, den deutschen Vertreter an dieser Zustimmung zu hindern.

Ein Sprecher des Verfassungsgerichts bestätigte den Eingang des Eilantrags. Ob darüber noch am Freitag entschieden werden würde, war unklar. Unbekannt war auch, ob Deutschland Ceta womöglich bereits zugestimmt hat. Sobald alle EU-Mitglieder dies getan haben, könnte das Abkommen bald unterzeichnet werden.

Vorbeugend reichte die Linksfraktion zusätzlich einen Hilfsantrag in Karlsruhe ein. Dieser soll gelten, falls die vorläufige Anwendung von Ceta zum Zeitpunkt der Karlsruher Entscheidung bereits beschlossen ist. In diesem Fall sollen die Verfassungsrichter die Bundesregierung verpflichten, Ceta zu einem späteren Zeitpunkt zu blockieren, nämlich bevor Kanada über die Zustimmung des EU-Parlaments unterrichtet wird.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker pochte in der ARD auf eine klare Trennung der Zuständigkeiten: „Wir werden uns in Zukunft überlegen müssen, (...) dass wir ab Tag eins fein säuberlich trennen, was in europäische Zuständigkeit fällt und was nationalen Parlamenten überlassen sein muss.“ Juncker hatte davon abgeraten, nationale Parlamente zu beteiligen.

In Belgien nahm der Handelspakt derweil letzte politische Hürden. Die Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft im Osten des Landes billigte das Abkommen wie erwartet. Im wallonischen Parlament feierte der Regierungschef der Region, Paul Magnette, die Zugeständnisse, die er und andere der belgischen Föderalregierung abgetrotzt hatten.

Den Bedenken der Ceta-Kritiker soll nun mit Zusatzerklärungen und Garantien Rechnung getragen werden. So wird festgestellt, dass die Belgier Konkurrenz für ihre Landwirte im Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Zudem soll der Europäische Gerichtshof aufgefordert werden, ein Gutachten zu den umstrittenen Regelungen zur Streitbeilegung zwischen Unternehmen und Staaten zu erstellen.

Ceta sei nun ein „besserer Vertrag“ und das wallonische Regionalparlament in aller Welt berühmt, erklärte Magnette. Die Abgeordneten in Wallonien dort sowie in anderen belgischen Parlamenten sollten im Laufe des Tages noch zustimmen.

Bevor Ceta in Kraft treten kann, ist zunächst noch das Europaparlament am Zug. Das Plenum dürfte im Dezember oder Januar über das Abkommen abstimmen, eine Mehrheit wird erwartet. Danach müssen die nationalen Parlamente Ceta billigen. Unklar ist nach Angaben von Experten, in welcher Form dabei in Deutschland neben dem Bundestag auch der Bundesrat beteiligt wird. Wichtig für diese Frage ist, ob Kompetenzen der Länder betroffen sind.

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