EU-Kommissar Julian King Ein krasser Außenseiter

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich für Julian King ein neues Ressort ausgedacht: Die „Sicherheitsunion“. Viel zu sagen wird der Brite aber nicht haben – zumal Juncker ihn noch unter Aufsicht gestellt hat.

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Julian King, hier als britischer Botschafter in Frankreich im Dienst, soll künftig in Brüssel arbeiten. Quelle: dpa

Brüssel, London Seit ihrem EU-Beitritt im Jahr 1973 spielten die Briten in Brüssel immer eine wichtige Rolle – bis zum 25. Juni dieses Jahres.  An dem Tag zog Lord Jonathan Hill die Konsequenzen aus dem verlorenen EU-Referendum in seiner Heimat und legte sein Amt als EU-Kommissar für Finanzmarktregulierung nieder. Damit verlor das Vereinigte Königreich einen der politisch bedeutendsten Posten in der Europa-Hauptstadt – und wird nichts Vergleichbares mehr bekommen.

Hills Nachfolger Julian King muss sich mit deutlich weniger zufrieden geben. Kommissionschef Jean-Claude Juncker dachte sich ein neues Ressort für den Spitzendiplomaten aus: Die „Sicherheitsunion“. King solle sich um die Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität kümmern, verkündete Juncker am Dienstag.

Allzuviel wird der Brite dabei nicht zu sagen haben. Juncker unterstellte ihn – als einzigen aller EU-Kommissare – formal einem Vorgesetzten: Der 51jährige King  soll nämlich „unter Anleitung“ von Junckers Stellvertreter Frans Timmermans arbeiten. An Sitzungen des EU-Ministerrates und des Europaparlaments darf King nicht teilnehmen – was im Kreise der 28 EU-Kommissare ebenfalls nur für ihn gilt. King bekommt zudem keinen vollen Zugriff auf den EU-Beamtenapparat. Juncker ordnet ihm nur eine kleine Taskforce zu.

Das politische Gewicht Großbritanniens in der EU-Kommission schrumpft damit beträchtlich zusammen. King persönlich muss seinen neuen Posten gleichwohl nicht als Degradierung empfinden. Der Mann kommt schließlich nicht aus der Politik, sondern aus dem diplomatischen Dienst des Vereinigten Königreichs. Die EU-Kommissare aller anderen Mitgliedstaaten bekleideten hohe Regierungsämter, bevor sie nach Brüssel kamen. Bei King ist das nicht der Fall. Derzeit ist der studierte Theologe als britischer Botschafter in Paris stationiert. Als EU-Kommissar wird King Mitglied eines Kollegiums ehemaliger Minister und Regierungschefs – zweifellos ein Aufstieg für ihn.

Der Umzug von Paris nach Brüssel dürfte dem Briten auch in anderer Hinsicht gut ins Konzept passen – sowohl fachlich als auch geografisch. Das Thema Sicherheit interessiert ihn und gilt schon lange als sein politisches Spezialgebiet. Und in Brüssel kennt sich King bestens aus. Für zwei britische EU-Kommissare, Peter Mandelson und Catherine Ashton, arbeitete er zeitweise als Kabinettschefs. Zudem lebt seine Ehefrau, eine aus Dänemark stammende EU-Diplomatin, in der Europahauptstadt.

Endgültig gewonnen hat King sein neues Amt allerdings noch nicht. Beschlossene Sache ist seine Berufung erst dann, wenn das Europaparlament zugestimmt hat. Dafür muss er – wie alle Anwärter auf einen Kommissarsposten – eine Anhörung im Europaparlament überstehen. Für King dürfte das keine leichte Übung werden. Denn nach dem Brexit-Votum sind manche EU-Parlamentarier nicht mehr besonders gut auf Briten zu sprechen.

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