EU-Kommissarin Vestager räumt Fehler im Umgang mit osteuropäischen EU-Staaten ein

Vestager fordert einen neuen Ansatz im Streit um die Rechtsstaats-Prinzipien der EU. Dabei sollen auch Besonderheiten im politischen System des jeweiligen Staates berücksichtigt werden.

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„Als der Eiserne Vorhang fiel, nahm ich einfach an, dass die ehemaligen Ostblockstaaten irgendwann zwangsläufig werden würden wie wir“, sagte die Dänin. Quelle: dpa

EU-Kommissarin Margrethe Vestager hat Fehler im Umgang mit osteuropäischen EU-Staaten eingeräumt und davor gewarnt, sie an den Pranger zu stellen. „Ich gebe ehrlich zu, dass auch ich in diesem Zusammenhang einen entscheidenden Fehler gemacht habe“, sagte die für Wettbewerb zuständige Kommissarin, die als eine der einflussreichsten Politikerinnen in Brüssel gilt, der „Welt“ (Samstag). „Als der Eiserne Vorhang fiel, nahm ich einfach an, dass die ehemaligen Ostblockstaaten irgendwann zwangsläufig werden würden wie wir“, sagte die Dänin. „Aber stattdessen haben sie sich durch die Wende verändert und wir natürlich auch. Über diese Entwicklungen haben wir zu wenig gesprochen.“

Als Konsequenz forderte Vestager einen neuen Ansatz im Streit um die Rechtsstaats-Prinzipien der Europäischen Union. Zwar müssten die „entsprechenden Verfahren anlaufen“, wenn der Verdacht bestehe, dass in einem Mitgliedsstaat gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen werde. Allerdings müssten auch Besonderheiten im politischen System des jeweiligen EU-Staates berücksichtigt werden. „Wir sollten anerkennen, dass es kein europäisches Standardverfahren gibt, wie zum Beispiel Richter ernannt werden“, sagte Vestager.

Zugleich bemängelte die Dänin, dass sich die Frage der Rechtsstaatlichkeit bisher zu sehr auf die osteuropäischen Staaten konzentriere. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns auf einige Wenige zu konzentrieren und zum Beispiel Mitgliedsstaaten aus dem Osten an den Pranger zu stellen, während fragwürdige Entwicklungen in anderen Staaten womöglich übersehen werden.“

Die EU-Kommission hat gegen Polen wegen der umstrittenen Justizreformen der nationalkonservativen Regierung in Warschau bereits mehrere Klagen beim EuGH erhoben. Ende 2017 wurde sogar ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge eröffnet. Im äußersten Fall kann das Land somit seine Stimmrechte unter den EU-Staaten verlieren. Auch gegen Ungarn läuft ein Rechtsstaatsverfahren.

Mehr: Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt hinter den Kulissen ihr Team zusammen. Eine Aufgabe, die einem diplomatischen Balanceakt gleicht.

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