EU-Kommissarin Vestagers Berlin-Besuch heizt Gerüchte um Ambitionen auf Kommissions-Spitze an

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager trifft sich mit Merkel, Scholz und Altmaier. In der Koalition erweckt das den Eindruck einer Bewerbungstour.

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Berlin EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat mit einem Berlin-Besuch Spekulationen über Ambitionen auf den Posten an der Spitze der EU-Kommission angeheizt. Drei Wochen nach dem umstrittenen Stopp der Siemens-Alstom-Fusion im Bahnsektor kam die dänische Liberale am Donnerstag mit Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zusammen. In Koalitionskreisen hieß es, der Besuch erwecke den Eindruck einer „Bewerbungstour“.

Altmaier teilte nach dem Gespräch mit, dass er mit der EU-Wettbewerbskommissarin über die deutsch-französischen Vorschläge für eine stärker verzahnte Industriepolitik in Europa diskutiert habe. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums seien Reformansätze für die Wettbewerbspolitik sowie der Aufbau einer europäischen Batteriezellfertigung besprochen worden.

„Ich freue mich, dass wir mit dem heutigen Gespräch den Dialogprozess in der Europäischen Union fortsetzen konnten“, sagte CDU-Politiker Altmaier. In der EU-Kommission war von einer „sehr guten Diskussion“ über Industriepolitik die Rede. Es sei vor allem um Initiativen bei Digitalisierung und Innovation gegangen.

Die Wirtschaftsministerien Deutschlands und Frankreichs hatten in einem gemeinsamen Papier vorgeschlagen, dass der EU-Rat künftig eine Entscheidung der europäischen Wettbewerbshüter überstimmen können soll. Dies würde einer Ministererlaubnis auf nationaler Ebene wie in Deutschland ähneln, mit der eine Entscheidung des Kartellamts überstimmt werden kann. Hintergrund der Pläne ist die am Veto der EU-Kommission gescheiterte Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom. Sowohl die deutsche wie auch die französische Regierung hatten die Entscheidung kritisiert.

Zu den Gesprächen mit Merkel und Scholz wurde Stillschweigen vereinbart. In der Koalition wurde vermutet, dass Vestager auch mit Blick auf die Europawahl und die danach folgende Entscheidung über den Kommissionspräsidenten das Gespräch mit den Koalitionsspitzen suchte. Denn die europäischen Parteienfamilien wie Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale müssen dazu eine Personalentscheidung treffen. CDU und CSU unterstützen den CSU-Vize und EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber.

Es war spekuliert worden, dass aber auch die Liberalen Anspruch auf den Posten erheben könnten, weil ihre Stimmen nach jetzigem Stand der Umfragen gebraucht werden.

Die Fraktionen im Europäischen Parlament haben allerdings angekündigt, dass sie nur einen der Spitzenkandidaten wählen würden. Dazu gehört Vestager nicht. Zudem gilt als unsicher, ob die dänische Regierung sie als Vertreterin ihres Landes nominieren würde, wenn die Liberalen nach den nationalen Wahlen nicht Teil der Koalition in Kopenhagen sein sollten.

Führende FDP-Politiker haben Vestager jedoch mehrfach als hervorragende Kandidaten für den Posten bezeichnet. Sie hatte zudem auf den FDP-Europaparteitag geredet. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Vestager mehrfach gelobt.

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