EU-Kommission Härtere Auflagen für Großbanken aus den USA und Asien

Die EU-Kommission will härtere Auflagen für Großbanken aus den USA und anderen Drittstaaten, die ausreichend Kapital in Europa haben sollen, um Verluste besser zu verkraften. Die USA haben dies schon seit drei Jahren.

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In erster Linie würden die neuen Vorschriften Banken aus den USA und Asien treffen, im Falles des Brexit auch britische Geldhäuser. Quelle: dpa

Brüssel Im Streit über Regeln für Großbanken weltweit gehen die Europäische Union und die USA immer mehr auf Konfrontation. Die EU-Kommission will große Institute aus Übersee dazu verdonnern, ihre Ableger in der EU eigenständig aufzustellen und mit mehr Eigenkapital auszustatten. Damit würde sie heimische Banken im Wettbewerb mit Geldhäusern aus den USA und nach einem Brexit auch aus Großbritannien stärken. Für große europäische Banken gibt es in den USA bereits ähnliche Anforderungen, etwa für die Deutsche Bank. "Das sieht aus wie eine Vergeltungsmaßnahme", sagte ein hochrangiger deutscher Regulierungsexperte der Nachrichtenagentur Reuters. So werde es vermutlich schwerer, sich mit Amerika auf neue weltweite Kapitalregeln zu einigen, die in der Branche "Basel IV" genannt werden.

Die EU-Kommission schlug am Mittwoch zudem Änderungen an der Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD und Ausnahmen für kleine und mittelgroße Institute vor, um internationale Vereinbarungen des Baseler Bankenausschusses umzusetzen und zugleich die Kreditvergabe in Teilen der Eurozone anzukurbeln. Der deutsche Privatbankenverband BdB sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung." Die Entlastung kleinerer Institute geht aus Sicht aller deutscher Banken jedoch nicht weit genug.

Die Pläne der EU-Kommission müssen noch von EU-Parlament und EU-Mitgliedsländern genehmigt werden. Im EU-Rat ist dafür eine qualifizierte Mehrheit nötig - Großbritannien alleine kann das Vorhaben somit nicht verhindern. Das Maßnahmenpaket sei nicht auf den Brexit zugeschnitten, sagte der für die Finanzmärkte zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. Die Befürchtung, dass die USA unter dem gewählten Präsidenten Donald Trump die Bankenregulierung verwässern und damit den Instituten von der Wall Street einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könne, teile er nicht: "Wir gehen davon aus, dass sich unsere internationalen Partner an die weltweit vereinbarten Standards halten." Trump hat angekündigt, nach der Finanzkrise beschlossenen Maßnahmen auf den Prüfstand zu stellen.

Ausländische Banken, die in Europa eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro haben, brauchen nach dem Willen der EU-Kommission künftig dickere Kapitalpuffer. Zudem sollen sie eine neue Einrichtung zwischen den Mutterkonzern und seine EU-Ableger schalten. Diese Holding soll mit soviel Kapital ausgestattet sein, dass sie wie eine eigenständige Firma aufgestellt ist - unabhängig davon, wie solide das Mutterhaus im Ausland dasteht.

Im Falle einer Schieflage wäre die Abwicklung der EU-Tochter dann einfacher. Sollten die Vorschläge umgesetzt werden, dürften die Kosten für US-Großbanken wie JPMorgan, Goldman Sachs oder Citigroup bei Geschäften in der EU steigen. Unter den in den USA bereits geltenden Regeln ächzen umgekehrt schon länger Geldhäuser aus der EU, unter anderem die Deutsche Bank.

Sobald Großbritannien aus der EU ausgetreten ist, würden die Anforderungen auch führende britische Institute wie HSBC und Barclays treffen. Sie fürchten bereits jetzt den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren, falls die britische Regierung in den voraussichtlich im Frühjahr 2017 beginnenden Austrittsverhandlungen keine Sonderregeln herausschlägt. Das gilt auch für große amerikanische und asiatische Banken, die ihr Europa-Geschäft bisher von London aus steuern.


Sparkassen wollen mehr Erleichterungen

Der Vorschlag der EU-Kommission kommt wenige Tage vor einem wichtigen Treffen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht. Er will am 28. und 29. November in Chile über neue Kapitalregeln für Banken entscheiden. Bisher liegen die Positionen Europas und der USA weit auseinander. Nach dem Trump-Sieg bei der US-Wahl gibt es in Europa ohnehin Zweifel, ob die amerikanischen Abgesandten überhaupt noch die Rückendeckung haben, einem folgenreichen Kompromiss zuzustimmen. "Die amerikanische Seite ist derzeit sehr schwer einzuschätzen", sagt ein EU-Bankenaufseher. "Wir müssen uns da überraschen lassen."

Die EU-Kommission schlägt in ihrem mehrere Hundert Seiten umfassenden Maßnahmenkatalog auch vor, neben Eigenkapitalregeln auch die Abwicklungsvorschriften für Banken anzupassen. Bankenaufseher sollen künftig das Recht erhalten, die Auszahlung an bestimmte Gläubiger einer Bank auszusetzen, falls das Geldhaus in Schieflage geraten ist. Zudem sollen die Regeln an bestimmten Stellen klarer formuliert werden, um Investoren außerhalb der EU mehr Rechtssicherheit zu geben.

Darüber hinaus sollen kleineren Banken mehr Freiräume bei der Kreditvergabe für den Mittelstand gelassen werden. Diese Institute können demnach Darlehen an kleinere und mittelgroße Unternehmen (KMU) weiterhin mit weniger Eigenkapital unterlegen. Der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) begrüßte, dass dieser sogenannte KMU-Skalierungsfaktor beibehalten wird. Die Sparkassen kritisierten die Vorschläge dagegen als nicht ausreichend. Dass nur Institute mit einer Bilanzsumme von weniger als 1,5 Milliarden Euro Erleichterungen bei den Offenlegungspflichten und Meldeanforderungen erhalten sollen, sei nicht ausreichend, sagte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon.

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