EU-Kommissionspräsident Deutsche Politiker fordern Widerstand gegen EU-Regierungen bei Spitzen-Wahl

Teile der EU-Regierungen wollen sich über das Spitzenkandidaten-Prinzip hinwegsetzen. EVP-Fraktionschef Manfred Weber kündigt Widerstand an.

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Der CSU-Politiker konnte keine Mehrheit bei der Wahl zum Kommissionspräsidenten gewinnen. Quelle: dpa

Berlin SPD-Fraktionsvize Achim Post und EVP-Fraktionschef Manfred Weber fordern das Europäische Parlament auf, sich bei der Wahl des EU-Kommissionspräsidenten gegen die EU-Regierungen zu stellen. „Die Unverfrorenheit, mit der einige europäische Regierungschefs jetzt über das Spitzenkandidaten-Prinzip hinweggehen wollen, ist empörend“, sagte Post am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters.

„Statt bei einer solchen Demontage europäischer Demokratie an vorderster Front mitzumachen, erwarte ich von Kanzlerin (Angela) Merkel, dass sie am Spitzenkandidaten-Prinzip festhält.“ Man könne nicht erst bei der Europawahl Spitzenkandidaten wählen lassen und dann den Wählerinnen und Wählern nach der Wahl sagen: „War nicht so gemeint.“

Posts Kritik zielt auch auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die Liberalen, die das Prinzip ablehnen. Auf dem EU-Gipfel und im Europäischen Parlament hatte keiner der drei Spitzenkandidaten - Manfred Weber (EVP), Frans Timmermans (Sozialisten) und Margrethe Vestager (Liberale) - eine Mehrheit erhalten.

Sowohl Macron als auch der sozialistische spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez hatten danach von einem nötigen „Neustart“ gesprochen und nahegelegt, dass die drei Spitzenkandidaten keine Chance mehr hätten. Weber sagte dagegen der „Welt am Sonntag“, dass er als Chef der stärksten Fraktion im Europäischen Parlament weiter Anspruch auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten erhebe.

„Wenn sich jetzt eine solche Haltung durchsetzen sollte, würde das Rad der Geschichte zurückgedreht“, kommentierte Post, der auch Generalsekretär der europäischen Sozialisten ist, die Debatte. Er rief die Europaabgeordneten dazu auf, den Regierungschefs klarzumachen, „dass sie mit dem Parlament nicht so umspringen können, wie es ihnen beliebt“. Damit ruft er indirekt zum Boykott des Parlaments auf gegen jeden Kandidaten des EU-Rates, der kein Spitzenkandidat war. Weber sagte: „Jetzt kommt es auf die Europaabgeordneten an.“

Die Regierungen wollen auf einem Sondergipfel am 30. Juni einen neuen Anlauf unternehmen, ein Personalpaket für die EU zu schnüren. Parallel verhandeln die Fraktionen im europäischen Parlament miteinander. Sozialisten und Liberale hatten dort am Donnerstag zunächst eine Wahl Webers ausgeschlossen - woraufhin die Konservativen deutlich machten, dann auch nicht für Timmermans oder Vestager stimmen zu wollen.

Mehr: Die Staats- und Regierungschefs wollen bei der Vergabe der EU-Ämter die Spitzenkandidaten der Parteien übergehen. Damit fügen sie der Demokratie schweren Schaden zu.

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