EU-Kommissionspräsident Juncker wirbt offenbar für Entzug polnischer Stimmrechte

EU-Kommissionspräsident Juncker fordert laut einem Bericht eine härtere Gangart gegenüber Polen. Diskutiert werde ein Entzug der Stimmrechte des Landes im EU-Rat, sollte es an seiner Justizreform festhalten.

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Die EU-Kommission und die polnische Regierung liegen mittlerweile bei einer ganzen Reihe von Themen überkreuz. Quelle: Reuters

Berlin EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wirbt bei den Mitgliedsländern einem Bericht des „Spiegel“ zufolge für eine härtere Gangart gegenüber der rechtskonservativen Regierung Polens. Er habe seine Kommissare als „Hausaufgabe im Sommer“ darum gebeten, sich in ihren Heimatländern für ein Verfahren einzusetzen, mit dem Polen im EU-Rat die Stimmrechte entzogen werden können, falls die Regierung in Warschau ihre Justizreform nicht ändere, berichtete das Magazin am Samstag unter Berufung auf Teilnehmer der Kommissionssitzung in Brüssel.

Laut Artikel sieben des EU-Vertrages können ein Drittel der Mitgliedsländer, der EU-Kommission oder des EU-Parlaments den Rat warnen, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundwerte durch einen Mitgliedstaat besteht. Der Rat als Vertretung der EU-Staaten kann dieser Einschätzung mit vier Fünfteln seiner Stimmen folgen. Sollte das betroffene Land trotz mehrmaliger Anhörung kein Entgegenkommen zeigen, kann der Rat einstimmig beschließen, dass die Verletzung weiterhin besteht. Danach genügt die qualifizierte Mehrheit, um einem Staat seine Stimmrechte im EU-Rat zu entziehen. Dem „Spiegel“ zufolge steht die Bundesregierung laut Kommissionskreisen einem solchen Verfahren skeptisch gegenüber, da Kanzlerin Angela Merkel keinen Streit mit der Regierung in Warschau will. Am Mittwoch treffen sich Merkel und Juncker zu Gesprächen in Berlin.

Die EU-Kommission und die polnische Regierung liegen mittlerweile bei einer ganzen Reihe von Themen überkreuz. In mehreren Fällen laufen Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen, die mit Geldstrafen enden können. Bei dem Anfang 2016 begonnenen Verfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in Polen kann zum Schluss der Entzug der Stimmrechte stehen. Allerdings hat die rechtsgerichtete Regierung Ungarns bereits angekündigt, sich an die Seite Polens zu stellen.

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