EU-Türkei-Gipfel Europäer machen Türkei vor Spitzentreffen schwere Vorwürfe

Der EU-Türkei-Gipfel in Bulgarien soll eigentlich für Entspannung zwischen Ankara und Brüssel sorgen. Daraus wird wohl nichts.

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Die Mitgliedstaaten machen der Türkei in einer Erklärung unter anderem Vorwürfe im Zusammenhang mit der Erdgassuche im Mittelmeer vor Zypern und der Inhaftierung von EU-Bürgern. Quelle: AP

Ankara/Brüssel Kurz vor dem EU-Türkei-Treffen in der bulgarischen Schwarzmeerstadt Warna gibt es neue Spannungen zwischen Brüssel und Ankara. Die EU-Staaten machten der Türkei in einer Erklärung unter anderem Vorwürfe im Zusammenhang mit der Erdgassuche im Mittelmeer vor Zypern und der Inhaftierung von EU-Bürgern. Das Außenministerium in Ankara reagierte am Freitag empört. Sprecher Hami Aksoy sagte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, die Erklärung enthalte „inakzeptable Äußerungen“.

Die EU-Erklärung könnte das am Montag geplante Spitzentreffen in Warna belasten. Dabei wollen EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan eigentlich versuchen, für etwas Entspannung in den seit eineinhalb Jahren extrem belasteten Beziehungen zu sorgen.

In der von Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Staats- und Regierungschefs der EU in der Nacht zu Freitag veröffentlichten Erklärung heißt es: „Der Europäische Rat verurteilt das anhaltende rechtswidrige Vorgehen der Türkei im östlichen Mittelmeer und in der Ägäis scharf“. Zudem sei man tief besorgt über die fortgesetzte Inhaftierung von Bürgern der EU in der Türkei.

„Was das Thema Zypern angeht, so hat die EU ihre Unparteilichkeit vollkommen verloren“, sagte laut Anadolu der türkische Sprecher Aksoy. „Dass die EU diese Art von Entscheidungen trifft, während wir versuchen eine positive Agenda mit der EU zu schaffen, wird natürlich keine konstruktiven Ergebnisse hervorbringen.“

Die EU reagierte mit der Erklärung unter anderem auf die Festnahme zweier griechischer Soldaten an der griechisch-türkischen Grenze sowie auf die jüngste Blockade von Erdgaserkundungen vor der Mittelmeerinsel Zypern. Für letztere hatte die Türkei im Februar mehrere Kriegsschiffe eingesetzt. Die Hoheitsrechte Zyperns erlaubten es, seine natürlichen Ressourcen zu erforschen und auszubeuten, kommentierte die EU den Vorgang. Dies habe die Türkei zu achten; sie müsse ihr Vorgehen einstellen.

Hintergrund des Streits ist die Spaltung Zyperns. Nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention ist die Insel seit 1974 geteilt. Im Norden gibt es die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern. Die Republik Zypern, deren Regierung den Südteil lenkt, ist seit 2004 EU-Mitglied. Sie wird von der Türkei nicht anerkannt.

Das Verhältnis zwischen der EU und der Türkei ist seit mehr als eineinhalb Jahren extrem angespannt. Nach einhelliger Meinung verstößt die türkische Regierung bei ihrem Vorgehen gegen angebliche Anhänger der islamischen Gülen-Bewegung - die Erdogan für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich macht - massiv gegen rechtsstaatliche Grundsätze.

Die EU hat deswegen die Verhandlungen über einen EU-Beitritt des Landes de facto auf Eis gelegt. Auch geplante Gespräche über eine Vertiefung der Zollunion haben noch nicht begonnen.

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