WirtschaftsWoche: Im Dezember kommen wahrscheinlich EU und USA zum nächsten Treffen des Trade and Technology Council (TTC) zusammen. Welchen Stellenwert hat das Forum für die Biden-Regierung?
Carisa Nietsche: Obwohl die TTC nicht zu den fünf wichtigsten Prioritäten der Biden-Administration gehört, ist sie ein entscheidender Teil seines Ansatzes zur Bewältigung globaler Herausforderungen: die gemeinsame Bewältigung von Problemen in Zusammenarbeit mit Verbündeten. Der TTC ist ein hervorragender Ort für die Zusammenarbeit mit Europa bei einigen der wichtigsten Prioritäten von Präsident Biden, darunter China, Klima und technologische Wettbewerbsfähigkeit. Präsident Biden hat mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die Zusammenarbeit mit europäischen Verbündeten für seine Regierung wichtig ist, und der TTC bietet einen Ort, an dem eine positive Agenda zu Handels- und Technologiefragen zusammen mit europäischen Partnern aufgestellt werden kann.
Welche Themen werden voraussichtlich im Mittelpunkt des nächsten Treffens stehen?
Die nächste Sitzung wird sich auf die Fortschritte bei der Umsetzung der Initiativen konzentrieren, die auf der letzten TTC-Sitzung im Mai vorgestellt wurden. In der gemeinsamen Erklärung wurden Dutzende von Initiativen in den zehn Arbeitsgruppen des TTC vorgeschlagen. In der letzten gemeinsamen Erklärung wurde eine kühne und ehrgeizige Agenda für den TTC vorgelegt, und die nächste Sitzung wird entscheidend sein, um zu erfahren, wie die Umsetzung der Agenda voranschreitet.
Die Halbleiterindustrie wird wahrscheinlich ein wichtiger Schwerpunkt der nächsten Sitzung sein, da durch das amerikanische CHIPS-Gesetz, das diesen Industriezweig stärken soll, im Februar 2023 seinen Subventionsprozess beginnt. Die nächste TTC-Sitzung wird wahrscheinlich der letzte hochrangige Dialog sein, bevor dieser Prozess auf amerikanischer Seite beginnt, und bietet eine wichtige Gelegenheit, den vom TTC vorgeschlagenen Mechanismus zur Verhinderung eines Subventionswettlaufs voranzutreiben.
Könnte der TTC zu einer umfassenderen Zusammenarbeit im Handel oder sogar zu einer Wiederbelebung der TTIP führen?
Während der TTC zu einer größeren transatlantischen Zusammenarbeit im Handel führen könnte, wird er wahrscheinlich nicht zu einer Wiederbelebung von TTIP in der Amtszeit dieser Administration führen. Ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union vorzuschlagen, würde im derzeitigen politischen Klima der USA wahrscheinlich nicht gut ankommen, insbesondere nicht vor den Wahlen im Jahr 2024. Wie wir gesehen haben, werden Handelsabkommen in der Regel zum Eckpfeiler der zweiten Amtszeit eines US-Präsidenten, nicht der ersten Amtszeit.
Aber auch wenn ein Freihandelsabkommen derzeit unwahrscheinlich erscheint, sollte das TTC die transatlantische Zusammenarbeit in Handelsfragen beleben. Einige der TTIP-Verhandlungsführer nehmen am TTC teil, was bedeutet, dass die Arbeitsgruppe für globale Handelsherausforderungen einige der TTIP-Ideen im TTC aufgreifen könnte. Darüber hinaus ist die Beruhigung der transatlantischen Handelskonflikte – wie der jüngste Streit um die Subventionierung von Elektrofahrzeugen und die Meinungsverschiedenheiten über die WTO-Reform – ein wichtiger Schritt, um die transatlantischen Beziehungen im Vorfeld der Wahlen 2024 auf beiden Seiten des Atlantiks zukunftssicher zu machen.
Wie erfolgreich war der TTC bei der Suche nach einer gemeinsamen Basis für den Umgang mit China?
Zu Beginn des TTC betonten Beamte der Europäischen Kommission, dass „der TTC kein Dialog über China ist“. Dies ist bis zu einem gewissen Grad immer noch der Fall. In der gemeinsamen Erklärung vom Mai 2022 wird China nur dreimal erwähnt, hauptsächlich im Zusammenhang mit Chinas Dominanz bei den Seltenen Erden. Allerdings stimmen die Vereinigten Staaten und Europa bei der Risikobewertung chinesischer Technologie zunehmend überein. Die Vereinigten Staaten und Europa verwenden lediglich unterschiedliche Formulierungen, um diese Risiken zu diskutieren. Die Europäische Union zieht es vor, problematische Verhaltensweisen zu skizzieren, während die Vereinigten Staaten es vorziehen, staatliche Akteure zu benennen. Letzten Endes verfolgen die USA und Europa eine ähnliche Politik, nur mit unterschiedlichen Botschaften.
Wie hat der Einmarsch Russlands in die Ukraine die Zusammenarbeit im TTC verändert?
Die russische Invasion in der Ukraine hat in vielerlei Hinsicht gezeigt, was der TTC zu leisten vermag. Nach dem Einmarsch in die Ukraine war das TTC der wichtigste Ort, an dem die Vereinigten Staaten und Europa Ausfuhrkontrollen für Russland und Weißrussland diskutierten und koordinierten. Die Nutzung des TTC durch die transatlantischen Partner in diesem Zusammenhang beweist den Wert des TTC für reaktive Ad-hoc-Diskussionen und für die Festlegung einer positiven Agenda.
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