
Nun sind es schon 100. Kurz vor der Sommerpause und fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die EU-Kommission drei neue Stellen für Generaldirektoren geschaffen. Die von Brüssel selbst gesetzte Obergrenze für die Anzahl dieser Spitzenbeamten (Grundgehalt: 15.000 bis 18.000 Euro monatlich) liegt eigentlich bei 87.
Die neuen Stellen seien notwendig, um die Haushalte der Mitgliedstaaten strenger überwachen zu können, heißt es bei der Kommission. Inge Gräßle, Sprecherin der Europäischen Volkspartei im Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments, befürchtet dagegen eine „Verselbstständigung der Verwaltung“. Die CDU-Abgeordnete spricht von „instinktlosem“ Vorgehen. „Während die Mitgliedstaaten sparen und Stellen abbauen, kommt es in der EU zu einem Ausbau von Edelbeamten.“
Die Verwaltungskosten der EU machen sechs Prozent des Gesamthaushalts aus – und die Zahl der Staatsdiener nimmt seit Jahren zu (siehe Grafik). Dies hängt auch mit der EU-Erweiterung zusammen: 2004 kamen zehn neue Länder hinzu, 2007 zwei weitere, und alle sind sie begierig, wichtige Posten für ihre Landsleute zu ergattern.
Komfortable Gehälter
Mit insgesamt 32.000 Beschäftigten ist die Brüsseler Administration, gemessen an ihren Aufgaben, zwar nicht überdimensioniert; die Stadt München etwa hat mehr Mitarbeiter. Doch vor allem die komfortablen Gehälter sorgen immer wieder für Streit. Selbst Akademiker ohne jede Berufserfahrung steigen in Brüssel in der Regel mit mindestens 4267 Euro ein, hinzu kommen Haushalts- und Kinderzulage sowie ein Auslandsbonus. Die Beamten werden zudem nicht in ihren Heimatländern besteuert, sondern zahlen einen speziellen – relativ niedrigen – EU-Steuersatz. Für die jährliche Heimreise bekommen sie zusätzliche Urlaubstage, berechnet nach Eisenbahnkilometern. Ein Grieche aus Athen etwa hat Anrecht auf sechs zusätzliche Urlaubstage, auch wenn die Anreise per Flugzeug nur einige Stunden dauert.
Ein weiterer Streitpunkt: Im Krisenjahr 2009 kürzten viele Mitgliedstaaten ihren nationalen Beamten das Gehalt und weigerten sich aus Gründen der politischen Hygiene, den EU-Kollegen eine vorgesehene Lohnerhöhung von 3,7 Prozent zu genehmigen. Die Brüsseler Staatsdiener protestierten, die Kommission rief sogar den Europäischen Gerichtshof an. Und es gilt als wahrscheinlich, dass die Richter den Zuschlag noch in diesem Jahr absegnen – schließlich wurde dieser nach einer von den EU-Staaten beschlossenen Formel errechnet.
Geldverschwendung
Aber es gibt ja noch andere Sparpotenziale: So wächst die Zahl der sogenannten EU-Agenturen stetig, weil jedes Land eigene dieser ausgelagerten Verwaltungseinheiten haben möchte. Kostenpunkt: jährlich rund 670 Millionen Euro. 29 Agenturen gibt es bereits, weitere sind geplant, obwohl langsam die Themenfelder ausgehen. So beschäftigt sich eine Agentur in Turin mit Berufsbildung und eine in Thessaloniki mit dem gleichen Thema.
Die absurdeste Geldverschwendung auf EU-Ebene bleibt aber der Doppelsitz des Europäischen Parlaments, der die Abgeordneten zwingt, ständig zwischen Brüssel und Straßburg zu pendeln. Würden die Abgeordneten ausschließlich in Brüssel tagen, ließen sich 240 Millionen Euro im Jahr sparen. Doch Frankreich hält vehement an Straßburg als Parlamentssitz fest. Weil die EU den Wanderzirkus nur einstimmig abschaffen kann, darf der Steuerzahler weiter für zwei Parlamente blechen.