EuGH-Gutachten Polnische Justizreform könnte auch deutsche Behörden belasten

Nach einem Gutachten des Europäischen Gerichthofs könnten bei Auslieferungen an Polen künftig Prüfungen des Rechtssystems notwendig sein.

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Um den Konflikt mit der EU-Kommission beizulegen, hatte Polens Parlament Nachbesserungen an den umstrittenen Justizreformen der Regierung vorgenommen. Quelle: AP

Luxemburg Die umstrittene polnische Justizreform könnte Vollstreckungsbehörden in Deutschland und anderen EU-Ländern zusätzliche Arbeit bescheren. Nach einem Gutachten eines Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof könnten sie in Auslieferungsfragen künftig prüfen müssen, ob den Betroffenen in Polen ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht garantiert ist. Wenn dies nicht der Fall ist, müsse die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls aufgeschoben werden, heißt es.

Der Generalanwalt machte allerdings deutlich, dass die Hürden für eine solche Entscheidung sehr hoch anzusetzen sind. So müsse die zuständige Behörde für jeden Einzelfall ermitteln, ob die behauptete mangelnde Unabhängigkeit der polnischen Gerichte derart schwerwiegend sein, dass die Fairness des Verfahrens auf Null reduziert werde und sie daher „eine eklatante Rechtsverweigerung“ darstelle.

Anlass für das Gutachten des Generalanwalts ist der Fall eines in Irland verhafteten Polen, der sich gegen seine Auslieferung an die polnischen Behörden wehrt. Der wegen Drogenhandels verfolgte Mann argumentiert, wegen der Reformen des polnischen Justizsystems bestehe die echte Gefahr, dass er in Polen kein faires Verfahren erhalte.

Er stützt sich dabei unter anderem auf die Position der EU-Kommission, die der Ansicht ist, dass die Reformen die Gewaltenteilung gefährden und die Unabhängigkeit von Gerichten einschränken. Die Behörde hat deswegen bereits ein Strafverfahren gegen das Land eingeleitet.

Die endgültige EuGH-Position zu der Auslieferungsproblematik müssen nun die Richter des Gerichtshofs festlegen, die häufig der Einschätzung des Generalanwalts folgen. Der Einzelfall des Polen geht dann zurück an das zuständige irische Gericht.

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