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Euro-Bonds Ökonomen zerreißen EU-Vorschläge

Euro-Bonds gehören zu den am heißesten diskutierten Vorschlägen in der Euro-Krise. Vor allem die EU-Kommission macht sich für sie stark. Íhre neuen Vorschläge finden bei Ökonomen keine Gnade, sorgen aber für Unruhe.

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EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Quelle: dpa

Düsseldorf Die EU-Kommission stößt mit ihren Vorschlägen zur Einführung von Eurobonds auf Kritik von Ökonomen. "Mir leuchtet das Verfahren von Herrn Barroso nicht ein," sagte Bert Van Roosebeke, Finanzexperte am Freiburger Centrum für Europäische Politik (CEP), im Gespräch mit Handelsblatt Online. Jose Manuel Barroso, der Präsident der EU-Kommission, will am Mittwoch ein Grünbuch mit Vorschlägen zur Einführung von Eurobonds vorlegen. In dem 41-seitigen Papier, das dem Handelsblatt vorliegt, hat die EU drei Szenarien für die Einführung von Eurobonds erstellt. Dabei handelt es sich um Anleihen, die von den Euro-Ländern gemeinschaftlich ausgegeben werden. Im Papier der EU-Kommission heißen diese Gemeinschaftsanleihen "Stabilitätsbonds".

Das Grünbuch hat keine gesetzgeberische Bedeutung - es dient lediglich als Diskussionsgrundlage. Alternativ dazu hätte die Kommission auch einen Gesetzesvorschlag machen können. Dafür wäre allerdings eine Zustimmung der gesamten Kommission - also zum Beispiel auch des deutschen Kommissars Günther Oettinger - nötig gewesen.

"Wenn Herr Barroso der Meinung ist, dass wir Eurobonds jetzt brauchen, dann hätte er einen Gesetzesvorschlag machen müssen. Das Verfahren mit dem Grünbuch zieht sich jetzt über Monate hin. Das ist in der derzeitigen Krise nicht angemessen," sagte Van Roosebeke.

Der CEP-Experte lehnt die Vorschläge grundsätzlich ab. "Eurobonds reduzieren den Druck auf Länder wie Italien, ihre Schulden zu senken. Es ist aber nötig, den Druck hoch zu halten, damit die Reformbemühungen nicht nachlassen." Außerdem sei die Einführung von Eurobonds quasi unwiderruflich, es gäbe keine Ausstiegsmöglichkeit.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, warnte ebenfalls vor der Einführung von Euro-Bonds. Die mit solchen Anleihen verbundene „Haftungsgemeinschaft geht weit über das politisch Gewollte hinaus“, sagte Hüther in Berlin. Die Befürworter der Eurobonds sehen darin eine Möglichkeit, die Schuldenkrise in der Währungsunion dauerhaft in den Griff zu bekommen. Derzeit zahlen die Euro-Länder unterschiedlich hohe Zinsraten für ihre Staatsanleihen, wegen der Schuldenkrise unter Druck stehende Länder können sich nur unter hohen Zinsaufschlägen neues Geld an den Finanzmärkten besorgen.

Im Grünbuch der EU-Kommission werden drei Vorschläge für die Einführung von Eurobonds diskutiert. Der erste Vorschlag sieht eine komplette Vergemeinschaftung der Anleihen der Euro-Staaten vor - die von einer EU-Schuldenagentur ausgegeben würden. Im zweiten Vorschlag geht es um eine Teilvergemeinschaftung der Schulden, zum Beispiel für alle Verbindlichkeiten, die innerhalb der Maastricht-Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Nach der dritten Variante würden die Euro-Staaten ebenfalls nur einen Teil ihrer Schulden durch vergemeinschaftete Anleihen abdecken. Im Unterschied zu Vorschlag zwei würden die Euro-Länder für diese Anleihen - ähnlich wie bei den Anleihen des Rettungsfonds EFSF- entsprechend ihres ökonomischen Gewichts in der Eurozone haften.


Warnung vor weiterem EZB-Engagement

Neben der Einführung von Eurobonds wird derzeit auch über ein stärkeres Enagement der EZB bei der Krisenhilfe diskutiert. IW-Direktor Hüther lehnt dies ebenfalls strikt ab. Er sprach sich dagegen aus, dass die Europäische Zentralbank unbeschränkt Anleihen maroder Euro-Staaten kauft. Werde das einmal eingeführt, „ist es nicht mehr vom Tisch zu kriegen“. Vielmehr gehe es umgekehrt darum, die Geldpolitik von der Umklammerung der Finanzmärkte zu befreien. Er verwies darauf, dass in Italien die politischen Maßnahmen Wirkung gezeigt hätten.

Van Roosebeke warf der Politik vor, dass sie schon mit einkalkuliere, dass die EZB eingreift. "Die Politik weiß, dass die EZB eingreifen wird, wenn es hart auf hart kommt. Das führt dazu, dass sie nötige Reformen verschleppt."

Aus Sicht des EU-Währungskommissar Olli Rehn zieht die Euro-Schuldenkrise inzwischen auch den harten Kern der Euro-Länder in Mitleidenschaft. „Die Krise trifft den Kern der Euro-Zone, wir sollten uns darüber keine Illusionen machen“, sagte Rehn am Montag bei einer Konferenz in Brüssel. Das Vertrauen der Finanzmärkte könne auf Dauer nur über einen Abbau der Staatsverschuldung zurückgewonnen werden. Dazu gebe es keine Alternative. „Man kann keine Wachstumsstrategie auf weiter steigenden Schulden aufbauen, wenn die Fähigkeit, die Schulden zu bezahlen, an den Märkten infrage gestellt wird“, ergänzte er.

An den Kapitalmärkten waren zuletzt nicht nur die Zinsen von Italien und Spanien, die wegen ihrer Fehlentwicklungen schon länger im Visier der Märkte sind, gestiegen. Auch Frankreichs Aufschlag bei zehnjährigen Anleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen erreichte mit fast zwei Prozentpunkten in der vergangenen Woche den höchsten Stand seit Bestehen der Währungsunion. Auch von Österreich und den bisher als grundsolide betrachteten Euro-Staaten Niederlande und Finnland verlangten die Investoren höhere Risikoprämien.

Die Ratingagentur Moody's warnte unterdessen erneut, Frankreich könnte die Bestnote „AAA“ verlieren. Die Kreditwürdigkeit des Landes könne sich verschlechtern, wenn es dauerhaft höhere Zinsen für seine Anleihen zahlen, während sich die Wachstumsaussichten gleichzeitig eintrüben. Moody's hatte bereits Mitte Oktober einen ähnlichen Warnschuss abgegeben, Frankreich bisher aber noch nicht auf einen negativen Ausblick gesetzt, was einer tatsächlichen Herabstufung vorangehen würde.

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