Europäische Union Deutschland und Frankreich starten Initiative zur EU-Reform

Mithilfe einer Reformkonferenz wollen Deutschland und Frankreich die EU stärken. Der Vorstoß kommt überraschend, weil es zwischen Berlin und Paris zuletzt knirschte.

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Deutschland und Frankreich fordern eine starke Rolle der EU-Staaten in dem Reformprozess. Quelle: dpa

Deutschland und Frankreich starten gemeinsam eine Initiative zur Reform der Europäischen Union. Ziel sei eine „einigere und eigenständigere“ EU, heißt es in einem Arbeitspapier beider Regierungen, das der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vorlag. Das Papier greift den Vorschlag der künftigen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für eine auf zwei Jahre angelegte Konferenz zur Zukunft Europas auf.

Besprochen werden solle in dem Rahmen die gesamte Bandbreite an Themen – darunter eine stärkere Rolle Europas auf der Weltbühne, die eigene Verteidigung, aber auch Digitalisierung, Migration, Klimaschutz oder der Kampf gegen soziale Ungleichheit und für eine soziale Marktwirtschaft, heißt es in dem Papier. Eine Änderung der EU-Verträge wird ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Über das Papier hatte am Dienstagmorgen zuerst das Portal „Politico“ berichtet.

Die Idee der Reformkonferenz, an der auch Bürger beteiligt werden sollen, war eigentlich ein Zugeständnis von der Leyens an das EU-Parlament: Die Abgeordneten waren empört, dass die EU-Staats- und Regierungschefs bei der Besetzung von EU-Chefposten im Sommer die Spitzenkandidaten zur Europawahl übergingen und freihändig von der Leyen auswählten. Die Konferenz sollte die demokratischen Spielregeln in der EU neu austarieren und dem Parlament – und damit den Wählern – mehr Einfluss bei der Auswahl der EU-Spitzen geben.

Deutschland und Frankreich fordern nun aber eine starke Rolle der EU-Staaten in dem Reformprozess. So soll der EU-Gipfel Mitte Dezember Startpunkt der Debatte sein und im Januar 2020 mit der EU-Kommission und dem Parlament ein Mandat für die Konferenz geklärt werden. Diese soll im Februar starten und im ersten Halbjahr 2022 konkrete Ergebnisse vorlegen - und zwar den EU-Staats- und Regierungschefs, die dann auch über die Umsetzung entscheiden wollen. Für das Europaparlament sieht das deutsch-französische Papier keine herausragende Rolle vor.

Der Vorstoß ist auch deshalb bemerkenswert, weil es zwischen Berlin und Paris zuletzt knirschte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte der Nato den „Hirntod“ bescheinigt und mit dieser Begründung mehr militärische Eigenständigkeit Europas gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel distanzierte sich umgehend von Macrons scharfer Nato-Kritik. Eine strategische Stärkung der EU trägt die Bundesregierung jedoch mit.

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