Experte erklärt Handelsbeziehungen USA wollen wohl Strafzölle auf Autos verschieben – „Ziel schon erreicht“

Die internationalen Handelskonflikte sind noch lange nicht ausgestanden, vor allem die USA und China spüren die Folgen Quelle: dpa

Die USA wollen die Strafzölle gegen Europas Autobauer offenbar erneut um sechs Monate verschieben. Im Interview spricht US-Politik-Experte Peter Rough über Trumps Gründe, Europas Verzwergung und Deutschlands Reformnot.

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Peter Rough ist Außenpolitikexperte und Fellow am Hudson Institute. Sein Schwerpunkt ist die US-Außenpolitik in Bezug auf Europa und den Nahen Osten.

WirtschaftsWoche: Donald Trump will die Strafzölle auf europäische Autos offenbar erneut um sechs Monate verschieben. Wieso tut er das? Weil ihm die Europäer so wichtig sind? Oder im Gegenteil, weil sie ihm eben zu unwichtig sind?
Peter Rough: Der Grund dürfte sein, dass Trump sein Ziel bereits durch die reine Ankündigung von Strafzöllen erreicht hat: Deutsche Autobauer investieren schon jetzt stärker in den USA, um sich vor möglichen Zöllen zu schützen. VW erhöht seine Investitionen in Tennessee, Daimler in Alabama, BMW in South Carolina. Außerdem befindet sich Trump schon in aufwendigen und schmerzhaften Verhandlungen mit China. Würde er sich zur selben Zeit auch noch Europas annehmen, könnte das die US-Wirtschaft schwächen – und das ausgerechnet in einem Wahljahr.

Welche Rolle spielt Europa überhaupt noch in der amerikanischen Außenpolitik?
Neben Japan, Australien und Israel gehört Europa zu unseren fähigsten und am meisten geschätzten Verbündeten. Transatlantischer Handel und Sicherheit sind der Ursprung von Amerikas Verbündeten-Netzwerk. Deshalb ist Europa der erste Anlaufpunkt, wenn eine US-Administration Unterstützung für einen Vorstoß sucht. Gleichzeitig beginnt gerade ein „pazifisches Jahrhundert“; zum ersten Mal seit hunderten von Jahren wird Europa nicht im Zentrum des Weltgeschehens stehen. Viele in den USA machen sich Sorgen um Europas demografische und digitale Zukunft – und seine Bedeutung in einem „pazifischen Jahrhundert“. Europa bleibt also wichtig, aber weniger als vorher.

Was ist mit Europas Rolle im globalen Gefüge?
Europa, vor allem aber Deutschland, ist ein wirtschaftlicher Riese, aber ein militärischer Zwerg. Es ist unmöglich, die eigenen Interessen in der Welt mit einem solchen Ungleichgewicht zu verteidigen – außer, man verlässt sich auf seine Verbündeten. Deshalb glaube ich, dass Deutschlands Weg nur über eine enge Allianz mit den USA führen kann. Das mag wirtschaftliche Kosten bedeuten, mehr Militärausgaben und Kompromisse in der Außenpolitik, aber das ist ein geringer Preis verglichen mit den Vorteilen einer liberalen Weltordnung.

Was sollte Europa Ihrer Meinung nach also tun? Was Deutschland?
Zum einen denke ich, Deutschland sollte die Wirtschaft der Politik unterordnen. Europas Handelsströme sind unausgeglichen, was außerhalb Deutschlands für Unmut sorgt. Berlin sollte da der europäischen Perspektive mehr Gewicht geben. Zum anderen muss Deutschland die Digitalisierung vorantreiben. Für die Autobranche dürften Software-Entwicklungen in Zukunft wichtiger werden als die von Verbrennungsmotoren. Deutschland und ganz Europa sollten also in Zukunftsindustrien investieren und sich zugleich vor Chinas unfairem Wettbewerb und Diebstahl schützen.

Viele, auch die Börsen, feiern derzeit die vermeintliche Entspannung in den internationalen Handelskonflikten. Aber gibt es wirklich eine Entspannung?
Sowohl die USA als auch China spüren die Belastung durch die neuen Zölle, deshalb gab es auch kürzlich eine Teileinigung. Bis Teil eins eines Handelsabkommens unterzeichnet wird, dürfte es an den Märten mehr Unsicherheit geben. Die richtig schwierigen Fragen kommen aber erst bei den Verhandlungen für Teil zwei des Abkommens auf. Dann geht es nämlich um die grundsätzliche Struktur der chinesischen Wirtschaft. Dieser Konflikt ist noch lange nicht vorbei.

Welche Entwicklungen erwarten Sie als nächstes?
Ich habe ganz ehrlich keinerlei Ahnung. Und wer auch immer behauptet, es zu wissen, der lügt.

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