
Mit einem Staatsakt hat Bundespräsident Horst Köhler heute in Shanghai den Deutschland-Tag der Weltausstellung in Shanghai eröffnet. Schon lange bevor das deutsche Staatsoberhaupt und seine Frau am Expo-Center ankommen, warten etwa 50 Chinesen mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen vor dem Eingang des Gebäudes. Auch Shanghais Parteisekretär Yu Zhengsheng und der stellvertretende Bürgermeister Tang Dengjie sind gekommen. Schließlich trifft Köhler ein. Es ertönt die deutsche Hymne, die Chinesen schwenken brav ihre Fähnchen, und drei Uniformierte hissen die deutsche Flagge. Zwei Kinder überreichen dem Ehepaar Köhler Blumen.
Dietmar Schmitz ist indes nicht nach Feiern zumute. Der Generalkommissar des deutschen Pavillons kämpft mit Problemen am Vorzeigeprojekt der Deutschen. Ein bis zwei Stunden müssen Besucher wegen des großen Andrangs warten, bis sie eingelassen werden. Immer wieder kommt es unter den Wartenden zu Rangeleien. Gestern ertönten sogar vereinzelte „Nazi“-Rufe vor dem deutschen Pavillon. Schmitz und seine Mitarbeiter versuchen nach Kräften, die Unruhen unter Kontrolle zu bringen. „Wenn es zu Zwischenfällen kommt, rufen wir über 110 die Polizei“, sagt Schmitz.
Lange Sicherheitskontrollen
Doch es sind vor allem die von den Expo-Organisatoren verursachten Schwierigkeiten, die Schmitz wütend machen. So wünscht sich der Deutsche etwa zusätzliche Akkreditierungen für Mitarbeiter im Pavillon. Doch die haben die Organisatoren streng begrenzt. „Die Expo bemisst die Zahl der Personalakkreditierungen nach der Fläche des Pavillons und nicht nach den Inhalten“, klagt Schmitz. Darüber hinaus sorgen die langen Wartezeiten für Mitarbeiter am Eingang des Expo-Geländes für schlechte Stimmung. Teilweise mehr als eine Stunde warten sie morgens auf dem Weg zum Dienst an den Sicherheitskontrollen.
Dazu kommt die Bürokratie mit chinesischen Besonderheiten. Kohlensäureflaschen etwa gelten bei den Expo-Organisatoren als Gefahrgut und werden besonders gründlich geprüft. Da stehen dann auch schon mal die Bierkräne im deutschen Pavillon still. „Das ist eine Übervorsicht bei den Chinesen“, klagt Schmitz. Außerdem fehle es an der Kommunikation unter den einzelnen Organen der Expo-Organisatoren. Schon Anfang des Monats hat Schmitz darum einen Brief an die Verantwortlichen geschrieben – eine Antwort hat er bislang nicht bekommen. Im Rahmen einer regelmäßig stattfindenden Besprechung mit den Organisatoren am Montag will der Deutsche die Schwierigkeiten nun erneut ansprechen. Schmitz: „Wir sind eingeladen worden, und ich möchte als Gast behandelt werden und nicht wie ein Kindergarten-Kind.“
Köhler indes kümmert sich während seines Chinabesuchs auch um die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands. Vorstandschefs wie Axel Heitmann von Lanxess und Jürgen Hambrecht von BASF, aber auch die Chinachefs bei Daimler und Siemens, Ulrich Walker und Richard Hausmann, reisen in Köhlers Delegation, außerdem BDI-Chef Werner Schnappauf. „Die deutschen Ausfuhren erholen sich besser als erwartet, und China hat einen wichtigen Anteil daran“, unterstreicht der Deutsche die Bedeutung des Riesenreichs als Absatzmarkt. Gleichzeitig verlangt die deutsche Wirtschaft von China einen besseren Marktzugang und ein Ende der Diskriminierung ausländischer Unternehmen etwa bei öffentlichen Ausschreibungen. Gegenüber Köhler und den Wirtschaftsvertretern hat Chinas Premier Wen Jiabao Besserung versprochen. In China investierte deutsche Unternehmen würden bei Ausschreibungen künftig wie chinesische Firmen behandelt, versprach der Regierungschef. Auch bei Urheberrechtsverletzungen werde Peking härter durchgreifen.
Doch auch Wen stellt Forderungen an die Deutschen. Er wünscht sich ein entschlossenes Handeln bei der Bekämpfung der Eurokrise. „Die Schuldenkrise in Europa hat die wirtschaftliche Erholung verzögert“, so der Regierungschef.
Und noch einer verfolgt im Windschatten des Bundespräsidenten wirtschaftliche Interessen im Reich der Mitte: Ex-Nationalspieler und Bayer-Leverkusen-Manager Rudi Völler ist mit seiner Mannschaft nach China gekommen. Er will die Bundesliga im Land stärker bekannt machen. Kurz vor Köhlers Rede nahe dem Expo-Center verteilt der Fußballer unter lauten „Rudi“-Rufen Autogramme – und hätte dem Staatsoberhaupt fast die Schau gestohlen.