Fall Deniz Yücel Deutschland übt scharfe Kritik an Türkei

Der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan bleibt im Fall des inhaftierten deutschen Korrespondenten Deniz Yücel hart. Eine Freilassung schließt er aus. Viele deutsche Politiker kritisieren das scharf.

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Der Türkei-Korrespondent der „Welt“, Deniz Yücel. Seine Inhaftierung sorgt für Differenzen zwischen Deutschland und der Türkei. Quelle: dpa

Berlin Deutsche Politiker haben die Ankündigung des türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdogan scharf kritisiert, den deutsch-türkischen „Welt“-Journalisten Deniz Yücel auf keinen Fall freizulassen. Dies sei Ausdruck für das Ende der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei, sagten Vertreter mehrerer Parteien. „Erdogan nimmt den letzten Zweifel, dass die Türkei kein Rechtsstaat und kein Kandidat für die EU-Mitgliedschaft ist“, sagte etwa FDP-Chef Christian Linder der „Bild“ (Samstag). Kurz vor dem umstrittenen Verfassungsreferendum in der Türkei an diesem Sonntag über die Einführung eines Präsidialsystems verhärteten sich die Fronten damit weiter.

Ähnlich wie Lindner äußerte sich der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen. Erdogans Einlassungen seien erschreckend, weil sie bestätigten, dass es in der heutigen Türkei keine Rechtsstaatlichkeit mehr gebe, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstag). „Die Aussagen von Präsident Erdogan zeigen, dass er Deniz Yücel als politische Geisel betrachtet.“ Es sei zu befürchten, dass der Schlüssel zur Freilassung Yücels nicht mehr in den Händen der türkischen Justiz, sondern allein bei Erdogan liege. „Für Deniz Yücel sind das keine guten Nachrichten“, sagte Annen.

Auch Grünen-Parteichef Cem Özdemir sprach von Geiselhaft. „Für Erdogan ist Deniz Yücel lediglich eine Geisel für seine absurden Machtspiele“, sagte Özdemir der „Rheinischen Post“. „Seine abstrus begründete Weigerung, Deniz Yücel nach Deutschland auszuliefern, beweist einmal mehr, wie fatal ein „Ja“ beim Referendum für die Türkei wäre“, sagte Özdemir.

Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) warf Erdogan in der „Bild“ vor, „die Maske eines angeblich rechtsstaatlichen Verfahrens endgültig fallen“ gelassen zu haben. Er gebe damit nun zu, „dass in der Türkei nicht mehr Richter das letzte Wort in Strafverfahren haben“.

Und Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) sagte: „Rechtsstaatlichkeit ist ein wesentliches Prinzip, das die Staaten Europas verbindet. Es ist unfassbar, wie offen in diesem Fall grundlegende Prinzipien missachtet werden. Letztlich disqualifiziert sich der Präsident öffentlich selbst.“

Yücel war Ende Februar in Untersuchungshaft genommen worden. Als Begründung hatte der Haftrichter Terrorpropaganda und Volksverhetzung angeführt. Im Gerichtsprotokoll war von Spionage nicht die Rede. Diese Beschuldigung erhob später Erdogan. Beweise für ihre Vorwürfe legten bislang weder die Justiz noch der Präsident vor. Deutschland fordert die Freilassung des Journalisten.

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