Finanz- und Schuldenkrise Wie sich Sparer vor Inflation und Deflation schützen

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Aktien schlagen Bonds

Aktien Anleihen

Was für eine Rally: 56.436 Prozent schoss die Börse Simbabwe im September 2008 in die Höhe. Anleger haben trotzdem nichts verpasst: Denn während die in Simbabwe-Dollar berechneten Kurse in fantastische Höhen kletterten, verlor die Währung rasant an Wert: Die Regierung des Diktators Robert Mugabe schätzte die Inflationsrate im Juli jenes Jahres auf 231 Millionen Prozent. Aktien boten für Simbabwes Anleger wenig Schutz. Denn in US-Dollar gerechnet, sank der Börsenwert der in Simbabwe gelisteten Unternehmen von sieben Milliarden US-Dollar am 15. September 2008 auf nur eine Milliarde am 17. November. Immerhin haben Simbabwes Aktienbesitzer nicht alles verloren, anders als Bürger, die nur heimisches Papiergeld hielten.

Das Beispiel zeigt: Aktionäre werden bei Inflation nicht reich, verlieren aber weniger als Zinssparer. Der Teilschutz vor Geldentwertung, den Aktien bieten, gleiche ihre Nachteile gegenüber Zinspapieren aus, schreibt der Anlagetheoretiker Benjamin Graham in seinem Standardwerk „Der intelligente Investor“. Aktienkurse können abstürzen, Dividenden gestrichen werden. Anleihebesitzer können besser kalkulieren: Am Ende der Laufzeit erhalten sie den Nennwert zurück, in der Zeit bis zur Rückzahlung jährlich Zinsen.

Trotz dieser Vorteile sollten Anleger nicht ihr ganzes Geld in Anleihen stecken, denn: „Die Möglichkeit einer Inflation bleibt bestehen, und der Investor muss sich dagegen absichern“, warnt Graham. Wenn der Wert des Geldes sinkt, steigt der Wert der in der Vergangenheit in Produktionsanlagen und Patente gesteckten Investitionen. Daher müsste der Kurs der Aktie steigen und so die Inflation ausgleichen – jedenfalls solange das Unternehmen höhere Kosten für Rohstoffe und Löhne an die Kunden weiterreichen kann.

Die US-Börse seit 1871 zeigt, dass Aktien in Zeiten höherer Inflation tatsächlich mehr Rendite bringen als Anleihen (siehe Grafik). Allerdings schneiden sie in Phasen sehr hoher Inflation schlecht ab. Der Grund dafür ist, dass dann auch die Wirtschaft stagniert. Der S&P 500 stieg von 1973 bis 1982 nur um knapp 20 Prozent, obwohl sich die Verbraucherpreise mehr als verdoppelten. Real haben also Aktionäre damals Geld verloren. Weil Inflation oft mit einer Rezession zusammenfällt, ist es bisher nicht gelungen, mathematisch nachzuweisen, dass Aktien vor Geldentwertung schützen. Fest steht nur: Aktien mögen eine gewisse Geldentwertung, hassen aber Konjunktureinbrüche. Keinen Schutz bieten Aktien vor Deflation. Um das zu erkennen, genügt ein Blick nach dem mit Deflationsschocks kämpfenden Japan, wo die Börse seit 1990 zwei Drittel ihres Wertes verlor (Grafik auf der nächsten Seite).

Anleihen gehören dazu

Wer in Anleihen investiert, muss als Erstes taxieren, ob sein Schuldner zahlungsfähig bleiben wird. Selbstverständlich ist das nicht: 2008 und 2009 zahlten Unternehmensschuldner Kredite von mehr als 1000 Milliarden Dollar nicht zurück. Auch Staatspleiten sind historisch keine große Ausnahme. Argentinien wurde vor knapp neun Jahren insolvent und streitet bis heute mit Anlegern über eine Umschuldung.

Die zweite Frage, mit der sich Anleiheinvestoren auseinandersetzen müssen, ist die der künftigen Inflationsentwicklung. Je geringer die Rendite einer Anleihe, desto höher die Gefahr, dass eine Preissteigerung die Zinserträge auffrisst. Anleger, die heute Anleihen von Daimler, Metro oder BMW kaufen, bekommen kaum noch 3,5 Prozent Rendite. Abzüglich Abgeltungsteuer würde schon eine milde Inflation von drei Prozent dazu führen, dass Neuanleger real eine Negativverzinsung erhielten.

Ein Abgleiten in rückläufige Preise, also Deflation, würde den Realzins aller Anleihen im Depot erhöhen. Allerdings stiege bei Deflation auch die Pleitegefahr der Unternehmen. Noch vor 18 Monaten zahlten Metro oder BMW neun Prozent für ihre Kredite. Können sie keine hohen Preise für ihre Waren beim Verbraucher durchsetzen, vernichten sie Kapital.

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