„Fire and Fury“ Wie Wolff einfach Trumps Strategie kopiert

Donald Trump gilt als Virtuose der Provokation, der die Empörung über seine Rüpeleien als kostenlose Werbung nutzt. Doch im Streit mit seinem Ex-Strategen Bannon und Buchautor Wolff sind die Rollen vertauscht.

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Fire and Fury: Wie Michael Wolff Trumps Strategie kopiert Quelle: AP

Washington Er ist ein Provokateur, der das Rampenlicht und die Rauferei liebt, der auch mal gerne über die Stränge schlägt und provoziert, nur um im Mittelpunkt zu stehen. Die Rede ist aber diesmal nicht von US-Präsident Donald Trump, sondern von US-Enthüllungsautor Michael Wolff. Mitten im Wirbel um sein Buch „Fire and Fury: Inside the Trump White House“ dürfte zu wenig Medieninteresse für Wolff zumindest kein Problem mehr sein. Ganz Washington, gar die ganze politische Welt redet über sein Werk.

Und das hat Wolff mit der gleichen Masche geschafft wie der US-Präsident, wenn der mal eben so mit 280 Zeichen eine diplomatische Krise auslöst. Mit Fakten nimmt es der mächtigste Mann Amerikas dabei häufig nicht ganz so genau. Eine Erfolgsstrategie, die Wolff ebenfalls für sich entdeckt zu haben scheint.

Er selbst räumt bereits im Vorwort seines Enthüllungsbuchs ein, dass sich seine Quellen widersprechen und er diese Diskrepanzen auch nicht ausräumen könne. Er habe die Version der Ereignisse aufgeschrieben, die er für wahr halte. Damit dreht der Autor den Spieß um – und macht Donald Trump zum Opfer seiner eigenen Strategie.

„Viele sind – in trumpscher Manier – schrecklich falsch“, schreibt Wolff über seine Quellen und führt dies auf Rivalitäten in der US-Regierungszentrale zurück. „Diese Konflikte und dieses lockere Verhältnis zur Wahrheit, wenn nicht gar zur Wirklichkeit sind ein elementares Thema des Buches“, erklärt Wolff.

Widersprüche gibt es durchaus. Unter anderem schreibt Wolff, Trump habe in der Wahlnacht nicht gewusst, wer der frühere Repräsentantenhausvorsitzende John Boehner ist. Sanders verwies dagegen auf Fotos, die Trump und Boehner über Jahre hinweg beim Golf zeigen. Zwei Bekannte Boehners sagten zudem, Trump und Boehner hätten vor und nach der Wahl miteinander gesprochen. Wolff und sein Verlag reagierten nicht auf Nachfragen dazu.

Wolff hat aber auch Unterstützung erhalten. So bestätigte eine Eigentümerin des „Hollywood Reporter“, Janice Min, Wolffs Wiedergabe eines Treffens zwischen Bannon und dem früheren Fox-News-Chef Roger Ailes. Dabei habe sich Ailes im Januar 2017 kritisch über die Eignung einiger Kabinettskandidaten geäußert und Bannon habe ihm Recht gegeben. Min twitterte, sie sei damals dabei gewesen und könne jedes Wort bestätigen, das sie von Wolff bisher darüber gelesen habe.

Journalisten haben Wolff oft im Weißen Haus gesehen. Ein Kollege, der heute für die Nachrichtenagentur AP arbeitet, berichtet, Wolff habe nicht die übliche Presseplakette getragen, sondern eine blaue, die ihm Zugang zum Westflügel verschaffte. Eine früher bei der US-Regierung angestellte Person sagte, Wolff sei dort nach Treffen oft noch stundenlang gewesen und habe auf einem Sofa auf vorbeikommende Angestellte gewartet.

Der heute 64-jährige Wolff hat vier Jahrzehnte lang über die Reichen und Mächtigen geschrieben – unter anderem über den Medienunternehmer Rupert Murdoch. Seine sieben Bücher und zahlreichen Artikeln für Zeitungen und Magazine brachten ihm oft vernichtende Kritik ein, besonders wegen seines Fokus auf Stimmungen und wegen sachlicher Fehler. „Ein Problem mit Wolffs Allwissenheit ist, dass er vielleicht alles weiß, aber einiges falsch versteht“, urteilte der inzwischen verstorbene David Carr, nachdem Wolff in einem Buch über Murdoch 1988 Daten durcheinander gebracht hatte.

Wolff hat auch die Auseinandersetzung Trumps mit zahlreichen Zeitungen und Fernsehsendern kritisiert. „Die Medien sollten nicht die Nachricht sein“, mahnte er im Februar 2017 bei CNN. „Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass jede Seite - egal wie entschlossen sie ist, die andere zur Strecke zu bringen - in einer neuen und einträglichen Normalität auftaucht“, schrieb er etwa zur gleichen Zeit im Magazin „Newsweek“. Darin könnten die Medien Einschaltquoten und Profite steigern, während Trumps Dramen ungeteilte Aufmerksamkeit erhielten. Das gelte aber nur so lange, bis eine Seite einen Fehler mache.

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