Flüchtlinge im Mittelmeer Neue Tragödie bestätigt, 500 Tote befürchtet

Tagelang wurde über das mögliche Kentern eines Flüchtlingsbootes im Mittelmeer gerätselt. Nun bestätigt die Uno die Tragödie unter Berufung auf Überlebende. Bis zu 500 Menschen sollen im Mittelmeer ertrunken sein.

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(FILE) epa05265406 A handout photgraph made available by the Ong Sos Méditerranée showing migrants on a sinking inflatable boat before being rescued by the Aquarius ship of the humanitarian group SOS Mediterranee, and taken to Lampedusa, Italy, 18 April 2016. Six bodies were recovered and 108 migrants were rescued from a semi-submerged rubber dinghy as boat arrivals accelerate amid calm seas. A private rescue ship, the Aquarius, run by humanitarian group SOS Mediterranee found the bodies on the rubber dingy on 17 April 2016. EPA/ONG SOS MEDITERRANEE / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES (zu

Rom Bei einer der schlimmsten Flüchtlingstragödien der vergangenen Jahre sind im Mittelmeer möglicherweise bis zu 500 Menschen ertrunken. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR bestätigte am Mittwoch unter Berufung auf Augenzeugen seit Tagen kursierende Berichte, wonach zwischen Libyen und Italien ein Schiff mit Hunderten Migranten untergegangen sei. Die Organisation hatte in der griechischen Stadt Kalamata mit 41 Überlebenden gesprochen. Demnach soll sich das Unglück in der vergangenen Woche ereignet haben.

Bereits am Montag waren Berichte über die erneute Katastrophe aufgetaucht, allerdings hatten zunächst weder die Küstenwache Italiens oder Griechenlands noch Hilfsorganisationen den Schiffbruch bestätigen können. Am Dienstag gelang es nun UNHCR-Mitarbeitern in Kalamata mit Überlebenden zu sprechen und Informationen zu sammeln. Demnach könnte es sich „um eine der schlimmsten Flüchtlingstragödien der letzten zwölf Monate handeln“, hieß es in einer Mitteilung.

Die Überlebenden, die auf einem anderen Boot unterwegs waren, waren den Erzählungen nach in der vergangenen Woche vom libyschen Tobruk aus auf einem etwa 30 Meter langen Holzboot in Richtung Italien aufgebrochen. Insgesamt sollen 100 bis 200 Menschen an Bord gewesen sein. „Nach einiger Zeit auf See sollten sie auf ein größeres Schiff umsteigen, auf dem bereits andere Menschen waren“, sagte UNHCR-Sprecherin Barabara Molinario der Deutschen Presse-Agentur. „Das andere Boot war jedoch völlig überfüllt und ist während des Umsteigens gekentert.“

Dabei seien nach Aussage der Interviewten bis zu 500 Menschen ertrunken. Die 41 Augenzeugen - 37 Männer, drei Frauen und ein dreijähriges Kind aus Somalia, Äthiopien, Ägypten und dem Sudan - überlebten nur, weil sie noch nicht auf das andere Boot umgestiegen waren oder zu dem kleineren Boot zurückschwammen. Anschließend trieben sie nach UNHCR-Angaben mehrere Tage auf See, bevor ein Handelsschiff sie rettete und am Samstag nach Griechenland brachte.

Wo das größere Schiff gestartet war, woher die Opfer stammten und wo genau sich das Unglück ereignet hatte, blieb zunächst unklar. Bei gutem Wetter wagen derzeit viele Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer von Nordafrika nach Italien. Immer wieder kommt es dabei zu Katastrophen, wenn voll besetzte Schiffe auf hoher See kentern und die Menschen an Bord ertrinken.

Vor fast genau einem Jahr kamen bei dem bislang wohl schlimmsten Unglück im Mittelmeer bis zu 800 Menschen ums Leben. Nach Angaben eines Überlebenden sollen sogar bis zu 950 Menschen an Bord gewesen sein. Mehr als 140 Leichen wurden bislang geborgen, 28 Menschen überlebten das Unglück. Derzeit versuchen Spezialkräfte, das Wrack, das in fast 400 Metern Tiefe liegt, zu heben. Es soll nach Augusta auf Sizilien gebracht werden, um dort die im Inneren des Schiffes eingepferchten Leichen zu bergen. Dies soll vermutlich noch vor Monatsende geschehen.

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