Flüchtlinge Staatsanwalt wirft NGOs Zusammenarbeit mit Schleppern vor

Ein italienischer Staatsanwaltschaft will Beweise dafür gefunden haben, dass Hilfsorganisationen bei der Rettung von Flüchtlingen mit Schleppern kooperieren. Die NGos reagieren auf die Vorwürfe mit Empörung.

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Derzeit befinden sich mindestens zehn NGOs im Mittelmeer vor Libyen, darunter Jugend Rettet, Sea Watch, Sea-Eye, LifeBoat, SOS Méditerranée und Mission Lifeline aus Deutschland. Quelle: dpa

Rom/Berlin Ein italienischer Staatsanwalt hat Hilfsorganisationen – auch aus Deutschland – eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleppern bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer vorgeworfen. „Wir haben Beweise dafür, dass es direkte Kontakte zwischen einigen Nichtregierungsorganisationen und Schleppern in Libyen gibt“, sagte Carmelo Zuccaro der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ (Sonntag). Deutsche Hilfsorganisationen wiesen die Vorwürfe zurück.

Derzeit befinden sich mindestens zehn NGOs im Mittelmeer vor Libyen, darunter Jugend Rettet, Sea Watch, Sea-Eye, LifeBoat, SOS Méditerranée und Mission Lifeline aus Deutschland. „LifeBoat weist jegliche Anschuldigungen vehement zurück, Kontakte zu Personen oder Organisationen zu haben, die im libyschen „Schleppergeschäft“ tätig sind“, teilte die NGO der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Sea Watch-Sprecher Ruben Neugebauer verurteilte die Anschuldigungen des Staatsanwalts als „unangemessen“. „Er verbreitet falsche Vorwürfe hinsichtlich unserer humanitären Arbeit. Das beleidigt all unsere privaten Spender und alle Menschen, die unsere Arbeit ermöglichen.“ Die Kampagne des Staatsanwalts gegen die NGOs spiele in die Hände politischer Parteien, die versuchten, die Mittelmeerroute zu schließen, sagte Neugebauer weiter. Seine Organisation erwäge eine Verleumdungsklage gegen Zuccaro. Auch die NGO Jugend Rettet wies die Vorwürfe zurück.

Staatsanwalt Zuccaro hat Ermittlungen zu den mutmaßlichen Verbindungen zwischen Helfern und Schleppern eingeleitet. Nach bisherigen Erkenntnissen würden Flüchtlingsboote unter anderem durch Lichtsignale in Richtung der Retter geleitet. Man wisse aber noch nicht, ob und wie diese Informationen in einem Gerichtsverfahren genutzt werden könnten, sagte der Staatsanwalt der sizilianischen Metropolitanstadt Catania.

Bereits im Februar hatte die Europäische Grenzschutzagentur Frontex ähnliche Vorwürfe ausgesprochen, ohne den Helfern dabei böse Absichten zu unterstellen. „Offenbar helfen alle Parteien, die an Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer beteiligt sind, unbeabsichtigt den Verbrechern, ihr Ziele mit minimalem Kostenaufwand zu erreichen, indem sie ihr Geschäftsmodell durch erhöhte Erfolgschancen stärken“, hieß es in einem Frontex-Bericht.

Marco Bertotto von der italienischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen hatte der Tageszeitung „La Repubblica“ (Samstag) gesagt, NGOs würden so lange weiter im Mittelmeer tätig sein, bis Europa den Flüchtenden sichere und legale Migrationswege öffne.

Offiziellen Angaben zufolge sind in diesem Jahr schon knapp 37.000 Migranten an der Küste Italiens angekommen, 44 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Todesopfer im Mittelmeer sank derweil laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) für denselben Zeitraum von 1263 auf 962.

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