Flüchtlingsabkommen EU geht auf Türkei zu

Trotz aller Rückschläge sollen die Gespräche mit Ankara nicht abreißen. Das bekräftigte der EU-Gipfel in Brüssel. Vor allem in der Flüchtlingspolitik bleibt Europa auf die Türkei angewiesen. Auch Afrika wird wichtiger.

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Die Regierungschefs der Europäische Union möchten die Gespräche mit der Türkei nicht abreißen lassen. Im Frühjahr soll es ein gemeinsames Spitzentreffen geben. Quelle: dpa

Brüssel Die Europäische Union geht auf die Türkei zu und plant im Frühjahr ein gemeinsames Gipfeltreffen. Das kündigte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach den Verhandlungen der europäischen Staats- und Regierungschefs am späten Donnerstagabend in Brüssel an. Kanzlerin Angela Merkel distanzierte sich von der Forderung vor allem Österreichs, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren. Das Flüchtlingsabkommen mit Ankara müsse „in all seinen Facetten“ umgesetzt werden, sagte sie.

Als Termin für ein Spitzentreffen mit der Türkei ist nach Angaben von EU-Diplomaten ein Datum nach dem EU-Gipfel am 10. März anvisiert. Ob das Treffen mit den 28 Staats- und Regierungschefs stattfindet oder nur mit den EU-Spitzen, steht noch nicht fest. Den letzten EU-Türkei-Gipfel gab es im vergangenen März. Tusk sagte: „Wir haben genug Themen, die eine Initiative wie einen solchen Gipfel rechtfertigen.“ Als Beispiele nannte er die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise und in der Handelspolitik, also in der Zollunion, in der niedrigere Handelshürden für bestimmte Güter gelten.

Wegen der Repressionen gegen Opposition und Medien in der Türkei bleibt das Thema aber strittig. Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag: „Wir dürfen die Tür nicht zuschlagen.“ Die Forderung des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz, die Beitrittsverhandlungen einzufrieren, sei „eher innenpolitisch als außenpolitisch motiviert“. Dagegen betonte der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff, die Beitrittsverhandlungen seien gescheitert. Sinnvoll wären aber konkrete Projekte wie die Vertiefung der Zollunion oder die Bekämpfung des Terrorismus. „Es gibt so viel, das Europa und die Türkei gemeinsam anpacken könnten“, sagte er der dpa.

Merkel betonte, Drohungen in Richtung Ankara seien nicht der richtige Weg. Auch wenn im Augenblick keine neuen Kapitel bei den Beitrittsverhandlungen eröffnet würden, müssten die Gespräche „trotzdem im Rahmen dessen, was stattfindet, weitergehen“. Dies könnten auch kritische Gespräche sein. Die Kanzlerin erinnerte auch an die besondere Rolle der Türkei in der Flüchtlingskrise und aktuell in Syrien. „Die Türkei hat unglaubliche Verantwortung übernommen mit drei Millionen Flüchtlingen und ist auch jetzt wieder bereit, mit humanitären Hilfslieferungen zu helfen.“

Nachdem der Flüchtlingspakt mit der Türkei den Zuzug über die Balkanroute stark gebremst hat, richtet sich der Blick verstärkt auf das Mittelmeer. Der Gipfel sprach sich dafür aus, sogenannte Partnerschaftsabkommen mit afrikanischen Herkunfts- und Transitländern von Migranten zu verfolgen. „Wir sind uns einig, dass da noch viel Arbeit vor uns liegt“, sagte Merkel in Brüssel. Deutschland unterstützt eine Initiative, die insgesamt 100 Millionen Euro für die Versorgung von Migranten in Afrika oder für Hilfe bei deren Rückkehr in ihre Heimatländer zur Verfügung stellt. Deutschland steuert 48 Millionen Euro bei, Italien 22 Millionen Euro.

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