




Im Streit um die Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU zeichnet sich keine Einigung ab. Die EU-Innenminister wollen am Dienstag in Luxemburg darüber beraten, wie Italien und Griechenland bei dem anhaltenden Flüchtlingsstrom entlastet werden können. Der von der EU-Kommission vorgeschlagene Verteilschlüssel trifft aber auf Widerstand, etwa aus Ost- und Mitteleuropa sowie in Großbritannien, Irland und Dänemark, die nicht mitmachen wollen. Deutschland und Frankreich verlangen Nachbesserungen. Bei dem Treffen sind keine Entscheidungen zu erwarten. Die EU-Staaten werden sich aber erstmals alle zu dem Vorschlag positionieren.
Länder mit der höchsten Zahl der Asylbewerber (2014)
Zypern
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 1.255
...pro 100.000 Einwohner: 145
Deutschland
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 126.705
...pro 100.000 Einwohner: 158
Belgien
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 21.030
...pro 100.000 Einwohner: 189
Ungarn
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 18.895
...pro 100.000 Einwohner: 190
Luxemburg
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 1.070
...pro 100.000 Einwohner: 199
Österreich
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 17.500
...pro 100.000 Einwohner: 207
Norwegen
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 11.930
...pro 100.000 Einwohner: 236
Schweiz
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 21.305
...pro 100.000 Einwohner: 265
Malta
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 2.245
...pro 100.000 Einwohner: 533
Schweden
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 54.270
...pro 100.000 Einwohner: 568
Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der EU-Kommission, die gegen den Widerstand vieler Staaten 40 000 Flüchtlinge von Italien und Griechenland auf andere EU-Länder verteilen will. Deutschland soll mit 8763 Migranten oder knapp 22 Prozent den größten Anteil aufnehmen. Ab wann dieser Mechanismus greifen könnte, ist völlig offen. Die EU-Kommission wünscht sich dies „so bald wie möglich“, wie EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagt. Doch vorher müssen die EU-Staaten zustimmen. Auch der EU-Gipfel soll sich in der kommenden Woche (25./26. Juni) mit dem Thema befassen.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Die stark gestiegene Zahl von Migranten führt in der EU zu neuem Streit. Frankreich verteidigt die Zurückweisung von Flüchtlingen an der französisch-italienischen Grenze. „Italien muss sich um sie kümmern, das ist das europäische Recht“, sagte Innenminister Bernard Cazeneuve am Montag. Er verwies auf die sogenannten Dublin-II-Regeln, wonach Asylanträge in dem Land bearbeitet werden müssen, über das ein Flüchtling in die EU eingereist ist.
Deutschland und Frankreich fordern, dass bei der Verteilung bereits erbrachte Leistungen einzelner Länder stärker berücksichtigt werden. Eine entsprechende Erklärung hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zusammen mit seinem französischen Kollegen Cazeneuve vor kurzem vorgelegt. Kriterien für den Verteilschlüssel sollen Einwohnerzahl, Wohlstand, Arbeitslosigkeit und die bisherige Leistung bei der Aufnahme sein, wobei die ersten beiden Kriterien deutlich stärker gewichtet sind.
Verteilt werden sollen innerhalb von zwei Jahren aber nur Flüchtlinge, die gute Chancen auf Asyl in Europa haben. Das sind vor allem Menschen aus Syrien und Eritrea. Pro Person soll ein EU-Staat 6000 Euro Unterstützung bekommen. Bei einer zweiten Verteilung sollen 20 000 Menschen aus Lagern etwa rund um Syrien in der EU neuangesiedelt werden. Die Teilnahme daran ist freiwillig, die Staaten sollen bis September entscheiden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der Weltgemeinschaft unterdessen schwere Versäumnisse bei der „schlimmsten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“ vor. Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty sagte am Montag: „Die Flüchtlingskrise ist eine der wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, aber die internationale Gemeinschaft hat bislang kläglich versagt.“