
Brüssel Gegen Vorbehalte Deutschlands haben die EU-Staaten grünes Licht für ein Abkommen mit den USA über die Weitergabe von Fluggastdaten im Kampf gegen den Terror gegeben. Die EU-Innenminister befürworteten am Dienstag in Brüssel mehrheitlich die Unterzeichnung des internationalen Vertrages, den die EU-Kommission mit Washington ausgehandelt hat. Deutschland hatte angekündigt, sich bei einer Abstimmung zu enthalten.
„Unter diesen Umständen sehen wir uns nicht in der Lage, zuzustimmen“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Auch Österreich sieht das „PNR“-Abkommen kritisch. Nach dem grünen Licht der Mitgliedsstaaten muss nun noch das Europaparlament zustimmen.
Der Vertrag verpflichtet Fluggesellschaften, 19 Datenangaben an die US-Behörden weiterzugeben. Dazu gehören Name, Adresse, Sitzplatz- und Kreditkartennummer jedes EU-Passagiers, der in die USA einreist. Terrorfahnder wie die CIA können die Angaben für die Suche nach Terroristen oder Schwerverbrechern auswerten. Das Abkommen soll eine Vereinbarung von 2007 ersetzen, die den Amerikanern bislang erlaubt, diese Daten nach für die Europäer unvorteilhafteren Regeln abzugreifen - zum Beispiel bietet es weniger Datenschutz.
Trotz einiger Änderungen richtet sich die Hauptkritik dagegen, dass die Daten bis zu 15 Jahre lang gespeichert bleiben sollen. Friedrich sprach allerdings von „signifikanten Verbesserung“ zu der bereits bestehenden Regelung.
Berlin steht unter dem Druck des Bundesverfassungsgerichts, das im Frühjahr 2010 zur Vorratsdatenspeicherung (der Speicherung von persönlichen Daten ohne aktuellen Anlass) geurteilt hatte. Danach muss die Speicherung verhältnismäßig sein - dies sieht die Bundesregierung auch in dem veränderten EU-US-Abkommen nicht erfüllt. Friedrich erwartet aber keine Schwierigkeiten: „Ich sehe kein verfassungsrechtliches Problem, wenn dieses PNR-Abkommen zustande kommt.“ Kritik kommt auch aus Brüssel. Das Europaparlament, das ebenfalls noch grünes Licht geben muss, steht der Vereinbarung teilweise ablehnend gegenüber. 2010 hatte das Parlament einen Vertrag über die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA („Swift“-Abkommen) im ersten Anlauf abgelehnt.
Viele Bedenken
Der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx bemängelte die lange Aufbewahrungsfrist. Die Liste der Daten sei unverhältnismäßig, zudem sollte jeder Bürger ein Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz haben. „Leider bleiben viele der Bedenken, die die nationalen Datenschutzbehörden der Mitgliedsstaaten und ich geäußert haben, unbeachtet“, schrieb Hustinx.
Die Innenminister berieten in Brüssel auch über die Erweiterung des Schengener Abkommens. Dabei geht es um den vollständigen Wegfall der Grenzkontrollen zu Rumänien und Bulgarien, der bereits zweimal verschoben wurde. Dort gab es keine Einigung, weil die Niederlande weiterhin blockieren und auch Finnland Kritik übt. Ihr Argument lautet, dass die ehemaligen Ostblockstaaten Korruption und Kriminalität nicht im Griff haben.
Auch Deutschland sei der Auffassung, dass Rumänien und Bulgarien in ihren Justizsystemen „das ein oder andere an Fortschritten durchaus noch anstreben sollten“, sagte Minister Friedrich. Er gehe davon aus, dass im Frühjahr des neuen Jahres darüber erneut beraten werde. Damit bleiben die Minister hinter der Aufforderung der EU-Staats- und Regierungschefs zurück, die beim Gipfel vergangene Woche rasche Entscheidungen verlangt hatten.