Folgen des Handelskriegs Chinas Quartalswachstum fällt auf 27-Jahres-Tief

Handelskrieg mit den USA bremst Chinas Wirtschaftswachstum Quelle: AP

Der Handelskrieg macht Chinas Wirtschaft zu schaffen. Entspannung ist nicht in Sicht. Peking steuert mit Konjunkturmaßnahmen gegen. Doch die Verschuldung wächst. Was bedeutet das für deutsche Exporteure?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Der Handelskonflikt mit den USA lastet immer stärker auf Chinas Konjunktur und drückt das Wirtschaftswachstum auf das niedrigste Niveau seit 27 Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von April bis Juni nur noch um 6,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Montag in Peking mitteilte. Im ersten Vierteljahr waren noch 6,4 Prozent herausgesprungen.

„Der Handelskrieg mit den USA war der maßgebliche Bremsfaktor“, so Ökonom Edoardo Campanella von der Großbank UniCredit. China-Kenner sehen aber noch Spielraum für den Staat, die Wirtschaft anzukurbeln. Zugleich werteten es die Finanzmärkte als Hoffnungsschimmer, dass Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze im Juni überraschend stark um 6,3 beziehungsweise 9,8 Prozent anzogen.

„Die chinesische Wirtschaftspolitik in Form gelockerter Kreditvorschriften und niedrigeren Zinsen hat also Wirkung gezeigt – mit weiteren Eingriffen ist zu rechnen“, sagte Analyst Bernd Krampen von der NordLB. So will die Führung Unternehmen Geschäfte in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt erleichtern. Die staatlichen Planer stellten jüngst Maßnahmen vor, mit denen private Firmen gefördert und geistiges Eigentum besser geschützt werden sollen. Hürden bei Investitionen und Marktzugängen sollen so abgebaut werden.

Peking reagiert damit auch auf den Handelskonflikt mit den USA, der immer tiefere Spuren hinterlässt: Seit vergangenem Jahr überziehen sich die beiden weltgrößten Wirtschaftsmächte gegenseitig mit immer höheren Zöllen, was die Exportnation China besonders hart trifft. US-Präsident Donald Trump wirft der Volksrepublik Dumpingpreise, Technologieklau und andere unfaire Handelspraktiken vor, was China bestreitet. Die Regierung in Peking fordert außerdem, chinesische Konzerne wie der Netzwerkausrüster Huawei dürften in den USA nicht diskriminiert werden.

Für zusätzlichen Zündstoff könnte die Drohung Chinas sorgen, die Geschäftsbeziehungen zu US-Firmen zu kappen, die am Waffenexport nach Taiwan beteiligt sind. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Die Waffenverkäufe verstoßen nach Pekinger Lesart gegen das Völkerrecht und beeinträchtigten Chinas Souveränität und nationale Sicherheit. Das US-Außenministerium hatte jüngst einem Waffengeschäft mit Taiwan im Wert von 2,2 Milliarden Dollar zugestimmt, das Panzer und Raketen umfasst.

Im Handelsstreit werden sich beide Seiten aber demnächst wieder an einen Tisch setzen. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und Finanzminister Steven Mnuchin sollen in naher Zukunft für Verhandlungen nach Peking reisen. Beim G20-Gipfel Ende Juni hatten sich Trump und sein chinesischer Kollege Xi Jinping auf eine neue Ruhepause im Zollkonflikt geeinigt. Seither gab es zwischen den Delegationen nur telefonischen Kontakt.

„Die BIP-Zahlen sind die Erinnerung daran, dass eine politische Lösung dieses Konflikts notwendig ist und die Notenbanken nur begrenzt etwas unternehmen können“, meint Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. Die Zentralbank Chinas (PBOC) kündigte unlängst an, sie werde eine „proaktive Rolle“ bei der Reaktion auf die Spannungen übernehmen – auch bei der Vorbeugung und Bewältigung von Risiken in Schlüsselinstitutionen. Details blieb sie allerdings schuldig Die Regierung in Peking strebt für 2019 ein Wachstum von 6,0 bis 6,5 Prozent an.

Was für die meisten Industriestaaten ein sehr guter Wert wäre, markiert für das lange Zeit rasant wachsende China das geringste Plus seit Jahrzehnten. Experten gehen davon aus, dass das Wachstum trotz verschiedener Konjunkturhilfen der Regierung weiter nachlassen wird. „China könnte in der zweiten Jahreshälfte nur noch um 6,0 oder 6,1 Prozent wachsen“, sagte Ökonom Nie Wen vom Finanzhaus Hwabao Trust. Damit würde die Zuwachsrate im Gesamtjahr 2019 am unteren Rand der Regierungsprognose liegen.

Laut Wen dürfte Peking der Wirtschaft weiter unter die Arme greifen – etwa, indem Banken weniger Geld als Sicherheit bei der Zentralbank hinterlegen müssen und so mehr Mittel für die Kreditvergabe frei werden. Dadurch könne sich die Konjunktur ab Mitte 2020 stabilisieren, sagte der Experte. Die kommunistische Führung hat bereits Steuersenkungen in Höhe von fast zwei Billionen Yuan (rund 260 Milliarden Euro) verkündet.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%