Forscher warnen Arabische Bildungsmisere "eine Bedrohung für Europa"

Wenn junge Menschen in der arabischen Welt nicht genügend ausgebildet werden, birgt das nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern für ganz Europa. Zu diesem Schluss kommen Autoren einer deutschen Studie.

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Eine syrische Schulklasse in einem Vorort von Damaskus. Quelle: dpa

Die Bildungsmisere der arabischen Welt stellt laut einer aktuellen Studie nicht nur für die wenigen stabilen Staaten der Region eine Bedrohung dar, sondern auch für Europa. Die Autoren einer Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung haben unabhängig von den derzeitigen Krisen und Kriegen drei Risikofaktoren identifiziert: Lehrinhalte, die nicht auf den Beruf vorbereiten, schlechte Rahmenbedingungen für die Gründung mittelständischer Unternehmen und die niedrigste Frauen-Erwerbsquote der Welt.

Sie stellen fest, Lebensperspektiven für die jungen Menschen in Nordafrika und Nahost seien notwendig, „um die Anfälligkeit für unvorhersehbare Konflikte zu minimieren“. Sollte dies nicht gelingen, sei mit einer weiteren Destabilisierung der Region, einem Anstieg der Flüchtlingszahlen und einer „Verlagerung dortiger Konflikte nach Europa“ zu rechnen.

Denn die Bevölkerung im Erwerbsalter wächst seit vielen Jahren schneller als die Zahl der Arbeitsplätze. Allerdings haben nur knapp 40 Prozent der Menschen im Erwerbsalter überhaupt eine Beschäftigung.

Woran das liegt? Die Studie stellt fest, die formalen Bildungswerte seien in der Region zwar zuletzt gestiegen. Die „Bildungsqualität“ entspreche aber nur selten den Anforderungen des 21. Jahrhunderts. Naturwissenschaften, Technik und Fremdsprachen spielten meist eine untergeordnete Rolle. Oft werde eine große Betonung auf religiösen Unterricht gelegt. Daher fehlten vielerorts Fachkräfte.

Die Autoren der Studie, Ruth Müller und Reiner Klingholz, kommen zu einem ernüchternden Ergebnis: „Mehr Bildung führt in der arabischen Welt zu mehr Instabilität, denn die Fehlqualifizierung für den Arbeitsmarkt erzeugt große Frustration“. In den Petrodollar-Monarchien herrsche zudem „die Mentalität, dass der Staat die jungen Menschen alimentiert“. Dies sei angesichts der gesunkenen Ölpreise und der wachsenden Bevölkerung aber auf Dauer nicht möglich. Aus jungen Saudis oder Kuwaitern „innovative, ehrgeizige Unternehmer zu machen“, sei eine schwierige, aber wichtige Aufgabe. „Denn Instabilität in diesen reichen Staaten ist das, was die Welt am wenigsten gebrauchen kann“, warnte Klingholz. Die Studie wurde mit Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert.

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