Frankreich Macron will neue Nahost-Friedensgespräche

Im Treffen mit Israels Ministerpräsident Netanjahu betont Frankreichs Staatspräsident Macron den Wunsch nach einer Zweistaatenlösung. Und bekräftigt Frankreichs Verantwortung für Verbrechen im zweiten Weltkrieg.

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (r.) verabschiedet sich nach einer Veranstaltung zum 75. Jahrestag der „Razzia vom Vel d'Hiv“ vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Quelle: dpa

Paris Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat neue Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern gefordert. Es müsse alles daran gesetzt werden, dass die Verhandlungen mit dem Ziel einer Zweistaatenlösung neu gestartet werden könnten, sagte Macron am Sonntag nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Paris.

Frankreich sei bereit, die diplomatischen Hebel für solche Gespräche in Gang zu setzen, erklärte Macron weiter. Die internationale Gemeinschaft hofft seit langem darauf, dass die Zweistaatenlösung dem langjährigen Nahostkonflikt ein Ende bereiten wird.

Macron äußerte sich besorgt über den wachsenden jüdischen Siedlungsbau. Er befürchte, dass neue Gespräche dadurch bedroht und Friedensaussichten letztlich zunichtegemacht werden könnten.

Netanjahu sagte an Macrons Seite: „Wir teilen denselben Wunsch für einen friedlichen Nahen Osten.“ Zu der Forderung nach Friedensgesprächen äußerte er sich nicht.

Der französische Präsident verurteilte außerdem den Angriff am Tempelberg, bei dem am Freitag zwei israelische Polizisten getötet worden waren. Der Élysée-Palast ließ mitteilen, dass sich Macron Sorgen über die Sicherheitslage in Israel mache. Ihn treibe aber auch die Befürchtung um, dass Netanjahu vom Bekenntnis zur Zweistaatenlösung abrücke.

Macron und Netanjahu sprachen außerdem über den Kampf gegen Extremismus in Syrien und anderswo sowie über die Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ihrer Länder.

Zuvor hatte Macron am Sonntag die Verantwortung seines Landes für die größte Massenverhaftung von Juden während des Zweiten Weltkrieges in Frankreich bekräftigt. Bei der „Razzia vom Vél d'Hiv“ hatten französische Polizisten am 16. und 17. Juli 1942 im Auftrag der deutschen Besatzer 13.000 Juden verhaftet. Die Menschen wurden anschließend von der nationalsozialistischen SS in Sammel- und Konzentrationslager in Frankreich verschleppt, später in Vernichtungslager.

„Es war Frankreich, das die Razzia organisierte und später die Deportation“, sagte Macron am Sonntag in Paris bei einer Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag. „Nicht ein einziger Deutscher“ habe an der Organisation teilgenommen. Die Beteiligung Frankreichs war lange ein Tabu-Thema. Erst 1995 entschuldigte sich der damalige Staatspräsident Jacques Chirac öffentlich.

Unter den Festgenommenen waren damals auch 4000 Kinder. Ein Großteil von ihnen wurde in der Winter-Radsporthalle (Vélodrome d'Hiver) eingepfercht, andere kamen gleich ins Sammellager Drancy bei Paris. Die Halle in der Nähe des Eiffelturms wurde 1959 abgerissen.

Macron wies bei seiner Ansprache vor Mitgliedern der jüdischen Gemeinde jede Relativierung der französischen Verantwortung zurück. Ohne die Rechtspopulistin Marine Le Pen dabei beim Namen zu nennen, nahm er damit Bezug auf eine Äußerung von ihr kurz vor der französischen Präsidentschaftswahl. Die Kandidatin der rechtsextremen Partei Front National hatte im Fernsehen gesagt, Frankreich sei nicht verantwortlich für die Razzia. Die mit Nazi-Deutschland zusammenarbeitende Vichy-Regierung sei „nicht Frankreich“ gewesen.

Netanjahu bezeichnete die Einladung zu der Gedenkveranstaltung in Paris als eine „sehr, sehr starke Geste“. Sie beweise die tiefe Freundschaft zwischen Frankreich und Israel.

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