Frankreich Müder Mélenchon will Urlaub von der Revolte

Der Chef der linksextremen Partei „Das unbeugsame Frankreich“, Jean-Luc Mélenchon, ist urlaubsreif. Eigentlich wollte er jetzt Ferien machen, doch für den 9. August ist eine Parlamentssitzung angesetzt. Unerträglich, findet er.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Bei der ermüdenden politischen Arbeit im französischen Parlament können die Augenlider schon einmal schwer werden. Der linksextreme Politiker Jean-Luc Mélenchon findet es jedenfalls unerträglich, dass er auf seine gewohnten Ferien verzichten muss. Quelle: Reuters

Paris Lenin sagte den Deutschen nach, vor der Revolution würden sie sogar noch eine Bahnsteigkarte lösen. Was hätte er wohl von einem Revolutionär gehalten, der um Urlaub bettelt? Das macht gerade Jean-Luc Mélenchon, Führer der linksextremen Partei „Das unbeugsame Frankreich“. Die „Revolution mithilfe der Urnen“ hat er während der Wahlen in Frankreich im Frühsommer ausgerufen. Doch schon nach zwei Monaten wird ihm die Arbeit im Parlament zu viel: „Sie sind am Strand? Haben Sie ein Glück, ich muss gleich wieder in die Sitzung!“, beklagte er sich im Juli in seinem Youtube-Channel. „Bis ein Uhr morgens ging die Nachtsitzung, und um neun Uhr geht es schon wieder weiter!“ ließ er die Franzosen an seinem harten Leben teilhaben.

Vorsorglich kündigte er an: „Am 4. August packe ich endlich die Koffer!“ Nur zwei Wochen Urlaub könne er nehmen, „hoffentlich haben Sie mehr, aber ich beklage mich ja nicht.“  Doch aus den Ferien wurde nichts: Das Parlament tagt am 9. August wieder, sehr zum Ärger des urlaubsbedürftigen Mélenchon. Staatspräsident Emmanuel Macron und seine Partei „La République en Marche“ seien unerträglich, findet er: „Das Parlament soll sogar im Ferienmonat August tagen!“ Das sei ein Bruch mit allen Traditionen.

So geht es halt bei Revolutionen, da gelten die Traditionen nichts mehr. Nach ersten spöttischen Bemerkungen einiger Journalisten legte der müde Rebell nach: „Ich muss mich ausruhen, ich habe mehrere Wahlkampagnen hinter mir, ich muss wissen, wann ich endlich in Urlaub gehen kann“, rief er seinen Landsleuten in einem neuen Video zu. Die haben nur begrenzt Mitleid mit dem Fraktionschef der Unbeugsamen. „Urlaub? Versuch das mal in der Privatwirtschaft, wenn Du noch nicht einmal drei Monate im Job bist“, twitterte ein wütender Berufstätiger.

Warum Mélenchon gerade jetzt ausspannen will, ist nicht ganz nachzuvollziehen, wirft er doch der Regierung vor, mit ihrer Arbeitsmarktreform vollziehe sie „einen sozialen Staatsstreich.“ Gegenüber dem echten Staatsstreich in Venezuela dagegen bleibt er erstaunlich wortkarg. In seinem Wahlprogramm hatte der Linke noch ein enges Bündnis Frankreichs mit der „bolivarianischen Revolution“ gefordert, bis hin zu einer Wirtschaftsgemeinschaft. Den Wahlsieg des Pleite-Diktators Maduro hatte Mélenchon 2013 euphorisch gefeiert. Heute, da der Chávez-Nachfolger mit Wahlbetrug das gewählte Parlament auflösen will und sein Land ins Chaos treibt, ist er ganz still geworden. „Er wird gerade nicht so gern auf Venezuela angesprochen“, ließ sich eine seiner Mitarbeiterinnen zitieren. Na dann muss man wohl seinen Urlaub abwarten.

 

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%