Frankreichs Konservative Ex-Premier Fillon soll den Élyséepalast zurückerobern

François Fillon hat die Vorwahl der Konservativen in Frankreich gewonnen. Sein Konkurrent Juppé war lange der klare Favorit gewesen. Als Präsidentschaftskandidat soll Fillon nun den Rechtspopulisten die Stirn bieten.

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Die französischen Konservativen schicken den Ex-Premierminister ins Rennen für einen Machtwechsel im Élyséepalast. Quelle: AFP

Paris Der 62-jährige Ex-Premier François Fillon hat die Vorwahl der Konservativen gewonnen. Er wird als ihr Kandidat in die Präsidentschaftswahl 2017 ziehen, die im April und Mail 2017 in zwei Wahlgängen entschieden wird. Fillon hat sehr gute Chancen, diese Wahl zu gewinnen. „Dies ist ein Sieg auf der Basis von Überzeugungen: Die Franzosen wollen die Wahrheit und sie wollen, dass gehandelt wird“, sagte der Konservative, der fünf Jahre lang Nicolas Sarkozy gedient hat, nach Auszählung von rund der Hälfte der Stimmen. Mit rund 70 Prozent der Stimmen hat er einen eindeutigen Sieg sicher.

Wie üblich bei solchen Gelegenheiten reichte Fillon den unterlegenen Bewerbern die Hand zum Friedensschluss: „Ich muss jetzt das ganze Land überzeugen, dafür brauche ich jeden, denn wir müssen vorangehen wie noch nie in den vergangenen 30 Jahren“, umriss Fillon seine Aufgabe. Seine Gegner nannte er beim Namen: „Die Linke, die für das Scheitern steht, und die extreme Rechte, die den Bankrott verkörpert.“ Er werde „diese Parteien bekämpfen, nicht aber ihre Wähler“, versicherte der frischgekürte Kandidat.

Schon kurz vorher sagte sein Kontrahent Alain Juppé: „Ich gratuliere François Fillon zu diesem klaren Sieg und wünsche ihm alles Gute für den kommenden Wahlkampf.“

Anschließend wandte er sich allerdings nur noch an seine Unterstützer, denen er Mut und Durchhaltevermögen wünschte „für die Werte, die wir gemeinsam vertreten haben“. Frankreich könne keine Zukunft haben „ohne Großzügigkeit und Gerechtigkeit“. Vor allem seine jungen Anhänger sollten „den anderen jungen Europäern die Hand reichen für die Stärkung Europas“. Während des Wahlkampfes hatte Juppé sich für die europäische Integration eingesetzt, während Fillon dazu so gut wie nicht Stellung nahm.

Juppé war lange der klare Favorit gewesen. Jean-Pierre Raffarin, Mitarbeiter von Juppé, meldete politische Forderungen an Fillon an: „Nun muss er die gesamten Konservativen und das Zentrum sammeln, denn eine Präsidentschaftswahl ist etwas anderes als eine Vorwahl der Konservativen.“

Die Wahlbeteiligung stieg noch einmal leicht an und lag über 4,3 Millionen Stimmen. Doch der 72-jährige Ex-Premier Juppé konnte davon nicht profitieren. Er kam auf rund 30 Prozent der Stimmen, während Fillon ungefähr 70 Prozent sammeln konnte. Fillon hat das entschiedenere Wirtschaftsprogramm und sein harter Wahlkampf gegen die Muslime, bei dem er sich teils schärfer äußerte als die rechtspopulistische Marine Le Pen, kam bei den konservativen Wählern offenbar gut an.

„Frankreich hat ein Problem mit dem Islam, nicht mit den anderen Religionen“, sagte Fillon – eine generalisierende Aussage, die auch angesichts der vielen muslimischen Todesopfer bei den Terroranschlägen junger Dschihadisten provokativ wirkte. Am Wahlabend wiederholte Fillon diese Töne nicht mehr.


Bewerber-Feld zeichnet sich ab

Die Frage ist nun, wie der Präsidentschaftskandidat Fillon sich verhalten wird. Bislang hat er sich so gut wie überhaupt nicht zur Zusammenarbeit mit Deutschland geäußert. Europa und die Zukunft der Eurozone waren praktisch kein Thema im Vorwahlkampf. Die Franzosen, die unter dem Eindruck einer seit Jahren anhaltenden Wirtschaftsschwäche und des Terrorismus sehr an ihrem Land zweifeln, neigen derzeit zur Nabelschau.

Die klare Sympathie Fillons für Russlands autoritären Herrscher Wladimir Putin und das Jubeln der Putin-Riege über den Erfolg Fillons in der ersten Runde der Vorwahlen haben ihm in der Stichwahl nicht geschadet. Für Frankreichs europäische Partner wird es in den kommenden Monaten besonders wichtig sein zu verfolgen, wie sich die außen- und europapolitischen Vorstellungen Fillons konkretisieren.

Nachdem seine Kandidatur klar ist, zeichnet sich das Feld der Bewerber für die Wahl 2017 bereits deutlicher ab. Auf der extremen Rechten tritt Marine Le Pen für die Front National an, auf der extremen Linken Jean-Luc Mélanchon, der auch die Unterstützung der Kommunistischen Partei hat. In der Mitte findet man Emmanuel Macron, den früheren Wirtschaftsminister von François Hollande.

Dort wird möglicherweise auch François Bayrou antreten, Vorsitzender der linksliberalen Partei Modem. Offen ist noch, wer für die Sozialisten kandidiert. Sie veranstalten erst im Januart ihre Vorwahl, um den Kandidaten zu bestimmen. Hollande hat gesagt, das sich alle dieser Prozedur unterziehen müssen, also auch er selber. Doch noch immer hat er sich nicht geäußert, ob er sich überhaupt für ein weiteres Mandat bewerben will.

Sein eigener Premier Manuel Valls baut inzwischen starken Druck auf, um Hollande davon abzuhalten. Er lässt keinen Zweifel mehr daran, dass er selber kandidieren will und Hollande für ungeeignet hält. Es gehe „nicht darum, ob Hollande Lust hat, zu kandidieren“, sagte er am Sonntag schroff in einem Interview. Die Bedingungen müssten stimmen, und Valls hat deutlich gemacht, dass sie seiner Ansicht nach nicht stimmen. „Das jüngste Buch des Präsidenten hat für sehr starke Verwirrung innerhalb der Linke gesorgt“, moniert Valls mit Verweis auf ein Interview-Buch Hollandes, in dem er sich auf bestürzend abschätzige Weise über befreundete Staatschefs und eigene Minister äußert sowie geheime Angriffspläne auf Syrien enthüllt.

Er selber, Valls, verkörpere dagegen ein gutes Verhältnis zur Linken und zu den Franzosen insgesamt, hält der Premier sich zugute. Hollandes Anhänger erwarten aber, dass der Präsident sich schon in den nächsten Tagen erklären wird – und antritt.

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