Beispiel NAFTA: Das nordamerikanische Freihandelsabkommen zwischen Mexiko, Kanada und den USA kann jederzeit von einer Partei aufgekündigt werden. Präsident Trump kann eine Austrittserklärung verfassen, die sechs Monate später in Kraft tritt. Anschließend würden die WTO-Regeln gelten.
Die USA, Mexiko und Kanada könnten auch neue Bedingungen vereinbaren, ein NAFTA II müsste aber vom Kongress abgesegnet werden. Anders ist es, wenn Trump – nach einem Austritt der USA aus der Freihandelszone – etwa unfaire Handelspraktiken erkennt. Dann könnte er eigenmächtig einen Strafzoll – auch in Höhe von 35 Prozent – etwa gegen Mexiko erheben. Der Kongress muss in diesem Fall lediglich informiert werden.
„US-Unternehmen und Handelspartner könnten klagen, dass Trump seine Macht überschritten habe oder die Argumentation brüchig sei“, sagt Hufbauer.
Eine Entscheidung aber könnte lange dauern. Zu lange wohl für die gescholtenen Nachbarn. „Ausländische Staaten werden nicht auf die Urteile warten, sondern sich rächen“, so der Handelsexperte. Kurzum: Ein Handelskrieg wäre entfesselt – und die Zeiten vorbei, in denen Produkte, auch Vans und Limousinen der deutschen Autobauer, kostenfrei zwischen Mexiko und den USA verschifft werden.
Apropos Deutschland: Donald Trump könnte sich auch die Bundesrepublik vorknüpfen und neue Mauern für den Warenaustausch hochziehen. Zum Beispiel mit Verweis auf ein Handelsgesetz von 1974, Abschnitt 122. Demnach kann ein US-Präsident einen Zoll von 15 Prozent auf Güter aus jenen Ländern erheben, mit denen die Vereinigten Staaten ein hohes Leistungsbilanzdefizit haben. Dies ist im Handel mit Deutschland fraglos der Fall.
Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet
Am 20. Januar soll Donald Trump sein Amt als 45. Präsident der USA antreten. Das sind die damit verbundenen Hoffnungen, Erwartungen und Sorgen wichtiger Länder und Gemeinschaften.
Quelle: dpa
Eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel und den islamistischen Terrorismus, ein gemeinsamer Kurs in der Sanktionspolitik gegenüber Russland sowie eine Fortsetzung der Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP: Was sich die Europäische Union vom neuen US-Präsidenten erhofft, bekam Trump bereits kurz nach seiner Wahl in einem Brief aus Brüssel übermittelt. Nicht offen wird dagegen über die Sorgen gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand befürchten EU-Spitzenpolitiker, dass die Erwartungen Europas den neuen US-Präsidenten nicht wirklich interessieren. Folge könnte eine deutliche Verschlechterung der transatlantischen Beziehungen sein.
Das Verhältnis zwischen Moskau und Washington ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb hofft Russland, dass Trump sein Versprechen wahr macht und die Beziehungen wieder verbessert. Die Zeichen stehen auf ein Treffen Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kurz nach Amtsantritt. Weil der Republikaner das Engagement der USA im Rest der Welt verringern will, geht Russland davon aus, mehr Spielraum zu bekommen. Trump sieht Nato und EU kritisch, er will den islamistischen Terror stärker bekämpfen - beides passt zur Moskauer Position. Allerdings haben die Russland zugeschriebenen Hackerangriffe massiv den Verdacht geschürt, dass Moskau sich in US-Politik einmischen könnte. Trump und Putin müssen bei jeder Annäherung mit großem öffentlichem Misstrauen rechnen.
Die Mexikaner machen sich für die Ära Trump auf das Schlimmste gefasst. Der künftige US-Präsident hatte die Nachbarn im Süden mehrfach als Drogenhändler und Vergewaltiger diffamiert. Um die illegale Einreise von Migranten zu verhindern, will Trump eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten. Außerdem hat er angekündigt, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) neu zu verhandeln oder sogar aufzukündigen. Die mexikanische Wirtschaft hängt stark vom Handel mit den USA ab. Der Autokonzern Ford beerdigte bereits Investitionspläne in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar in Mexiko - offenbar aus Angst vor Trump. US-Unternehmen, die billig im Nachbarland produzieren, hatte er mit hohen Strafzöllen gedroht.
Den ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften drohen unter Trump schwere Spannungen, die auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnten. Der neue US-Präsident holte China-Kritiker in sein Team, die eine härtere Gangart gegen Peking erwarten lassen. Die kommunistische Führung fürchtet eine Neuausrichtung der US-Beziehungen zu Taiwan, das Peking nur als abtrünnige Provinz behandelt. Mit einer Eskalation wird auch im Handel gerechnet, falls Trump seine Drohung mit Strafzöllen wahr machen sollte. Das Verhältnis wird zudem dadurch bestimmt, wie beide mit den Inselstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer umgehen.
Für den Iran ist es in erster Linie wichtig, was aus dem Atomabkommen wird. Obwohl auch die USA den Deal von 2015 mit ratifiziert hatten, drohte Trump bereits mehrmals mit einem Ausstieg. Präsident Hassan Ruhani bezeichnete das multilaterale Abkommen als unantastbar. Auch eine Nachverhandlung kommt für Teheran nicht infrage. Falls Trump sich nicht an den Deal halten sollte, werde auch Teheran angemessen reagieren, warnte Ruhani. Andererseits hofft der Iran auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der neuen US-Regierung und Moskau. Als enger Verbündeter Russlands könnte davon auch Teheran, besonders im Syrien-Konflikt, außenpolitisch profitieren.
Israel zählt schon die Tage bis zum Amtsantritt von Trump. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwartet nach dem eher schwierigen Verhältnis zu Präsident Barack Obama ein Umschwenken in der Israelpolitik der USA. Dazu gehört der Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Trump kündigte mehrfach an, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Beim Ausbau der Siedlungen im Westjordanland hoffen die ultrarechten Kräfte in der Regierung auf mehr Bewegungsfreiheit, nachdem die USA zuletzt eine siedlungskritische UN-Resolution passieren ließen. Einige fordern, das Westjordanland zumindest teilweise zu annektieren.
Satte 54,6 Milliarden Euro betrug der Handelsüberschuss Deutschlands mit den Vereinigten Staaten in 2015. Eine Verlängerung des Strafzolls über die ersten 150 Tage hinaus ist allerdings nur mit Zustimmung des Kongress möglich.
Lobbyisten aus dem In- und Ausland werben derzeit im Dauertakt um die Gunst des neuen Präsidenten. Dabei reden die Konzernvertreter naturgemäß primär ihre Branche stark, verweisen etwa auf die Wichtigkeit ihres Sektors für den Arbeitsmarkt in den USA. Was sie eint: die Warnung vor Handelsschranken. Problem Nummer eins: Dass Trump darauf hört, scheint derzeit aber unwahrscheinlich. Problem Nummer zwei: Stoppen kann den neuen US-Präsidenten nur seine eigene Vernunft.