Freihandel Wie deutsche Unternehmer in Mexiko auf Trump reagieren

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Am Nafta-Tropf

Ein Ausstieg aus Nafta hätte für Mexiko desaströse Folgen, 80 Prozent seiner Exporte liefert der südliche Nachbar in den Norden. Jedes deutsche Unternehmen, das dort investiert, hat immer den US-Markt im Blick. Mexiko hängt am Nafta-Tropf. Und mit dem Land auch viele deutsche Unternehmen: zum Beispiel die Automobilindustrie, die von Mexiko aus schwerpunktmäßig den US-Markt beliefert. Audi hat vor Kurzem ein Werk in Mexiko eröffnet, von wo es seinen Geländewagen Q5 vor allem nach Nordamerika verkaufen will. Daimler baut gemeinsam mit Nissan ein Werk, BMW will ab 2019 fertigen. Und Volkswagen, schon mehr als ein halbes Jahrhundert in Mexiko ansässig, liefert fünf von zehn im Land gebauten Fahrzeugen in die USA aus. Allein deutsche Autozulieferer erhöhten die Zahl ihrer Standorte seit dem Jahr 2010 von 40 auf 150.

Stefan Deuster vertritt den Würzburger Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer vor Ort. Das Unternehmen verkauft Maschinen für den Banknoten- und Dosendruck nach Mexiko. Die Mittelständler hielten Investitionsentscheidungen zurück, bis klar ist, was Trump wirklich in die Tat umsetzt. „Und wenn zwei bis drei Monate keine Investitionen getätigt werden, dann merken wir das auch“, sagt Deuster. Für sein Unternehmen gehört Mexiko zu den weltweit fünf wichtigsten Märkten.

Kein Griff nach den Sternen

Johannes Hauser ist der Mann, bei dem diese Stimmungen dieser Tage zusammenlaufen. Hauser ist Geschäftsführer der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (Camexa) und hat sich nach den aufregenden Tagen zu Jahresbeginn wieder entspannt. Wer mit ihm spricht, erfährt: Keine Firma habe eine versprochene Investition abgesagt. „Manche legen ihr Engagement vielleicht einen Tick kleiner an als geplant und greifen bei den Fertigungskapazitäten nicht gleich nach den Sternen.“ Aber den Standort Mexiko habe im Januar niemand infrage gestellt und tue es jetzt erst recht nicht. Nur zwischen den Zeilen, da merkt man dem Interessensvertreter die Erleichterung an: „Es hilft schon sehr, dass der Ton jetzt weniger aggressiv ist und miteinander statt übereinander geredet wird.“

Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet

Tatsächlich keimt in Mexiko Hoffnung, die schlimmsten Sturmböen des „Hurrikan Trump“ seien vielleicht überstanden. Die Nafta wird nicht gecancelt, und den Bau der Mauer an der US-mexikanischen Grenze verschob Trump wegen fehlender Haushaltsmittel zur Vorfinanzierung im US-Kongress auf unbestimmte Zeit. Den Nachverhandlungen sieht die mexikanische Seite gelassen entgegen. Schließlich hat auch der lateinamerikanische Partner Verbesserungsbedarf angemeldet. Neue Regelungen beim Landwirtschaftskapitel und die Einbeziehung neuer Themen wie E-Commerce oder dem vor wenigen Jahren geöffneten Energiesektor stehen auf der mexikanischen Verhandlungsagenda ganz oben.

Das Bruttoinlandsprodukt Mexikos zeigt sich unbeeindruckt. Im ersten Quartal wuchs es, aufs komplette Jahr hochgerechnet, um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und lag leicht über den Erwartungen. Die Industrieproduktion ging hingegen um 1,3 Prozent zurück. Auch der Kurs der Landeswährung gegenüber dem Dollar hat sich stabilisiert. Sollten alle Stricke reißen und die USA Nafta kündigen, greifen automatisch die alten WTO-Regeln. Und da – dies hat Minister Guajardo mehrfach betont – haben die Mexikaner auch keine schlechten Karten. Im Falle der Automobilindustrie würde lediglich ein Zoll von 2,5 Prozent bei Pkw-Importen der USA aus Mexiko fällig. Wie sagte Guajardo in Hannover: „Realpolitik setzt sich durch.“

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