Freihandel mit Europa Japan hofft auf zahlungskräftige Deutsche

Japanische Speisen Quelle: imago images

Japanische Unternehmen setzen große Hoffnungen in das JEFTA-Abkommen mit der EU. Besonders kaufkräftige deutsche Konsumenten sollen den Absatz von Alkohol und Lebensmitteln aus Japan ankurbeln.

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Die Vielfalt japanischer Küche wird in Tokio mit großer Hingabe zelebriert. Nach der Arbeit strömen die Angestellten in die Nudelshops, Sushibars, Spießchen-Grills oder die populären All-in-One Izakayas. Die Restaurantdichte im Zentrum der Hauptstadt ist so hoch, dass manchmal bis zu acht oder neun Stockwerke eines Gebäudes ausschließlich der Gastronomie vorbehalten sind.

In einer Bar im südöstlichen Bezirk Ota, unweit des Bahnhofs Kamata, sitzen zwei mittelalte Herren im Anzug und haben die Krawatten gelöst. Sie paffen E-Zigaretten, trinken zügig und verspeisen eine Kleinigkeit nach der anderen. Erst mit ein paar Bier intus fragen sie einen Ausländer am Nachbartisch, ob man in Europa auch Sake trinken würde. „Sicher“, lautet die Antwort, „wo es Sushi gibt, da wird auch Sake getrunken.“ Die Köpfe der beiden Männer strahlen in warmem Rot. Sie nicken zufrieden. Die Geselligkeit und das Essen entschädigen für einen langen Tag im Büro.

Japanische Esskultur ist in Deutschland zwar nichts Exotisches mehr. Ein richtiger Schub steht ihr in Zukunft aber erst noch bevor. Seit das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der Europäischen Union im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist, nehmen japanische Unternehmen verstärkt europäische Konsumenten ins Visier. Für die Lebensmittel- und Alkoholindustrie des Landes ist vor allem auch Deutschland ein hochinteressanter Markt.

„Die Konsumenten dort haben deutlich mehr Geld zur Verfügung als in anderen Regionen. Das macht Deutschland als Absatzmarkt sehr attraktiv. Durch das Freihandelsabkommen werden die japanischen Anbieter dort jetzt noch konkurrenzfähiger“, sagt Sayuri Ito, die in einem kleinen Konferenzraum der privaten Denkfabrik der Nippon Life Insurance (NLI) schmackhaften grünen Tee in Pappbechern serviert. Ito forscht seit Jahren zu den Entwicklungen der Wirtschaftsbeziehungen ihres Heimatlandes mit der EU. Das Japanese-European-Free-Trade-Agreement (JEFTA) sei ein wichtiger Durchbruch für den Ausbau des Handelsvolumens.

Genaue Zahlen liegen den Forschern noch nicht vor, aber Ito zieht bereits eine positive Zwischenbilanz. „Wir haben erst kürzlich klare Signale beispielsweise vom Arbeitgeberverband bekommen, dass dessen Mitglieder das Abkommen sehr gut aufnehmen“, sagt sie. Das verwundert kaum, sucht das Land doch seit Jahren nach neuen Wegen, um die Wirtschaft auf Kurs zu halten. Wie groß der Bedarf ist, zeigten die jüngsten Konjunkturdaten. Das dritte Quartal war einmal mehr eine Enttäuschung mit einer Expansion von lediglich 0,2 Prozent, weniger noch, als die Prognosen vorhersagten. Der Konsum gab wieder einmal nach, und ein schwacher US-Dollar machte japanische Exportprodukte im Ausland teurer.

Der Freihandel soll Japan neue Luft verschaffen. Neben JEFTA einigte sich das Land mit zehn anderen Staaten, darunter Kanada, Australien und Mexiko, auf die transpazifische Partnerschaft (TTP). Auch die USA waren als Mitglied vorgesehen, ehe Präsident Donald Trump dem Bündnis eine Absage erteilte. Ein weiteres Abkommen mit japanischer Beteiligung könnte in der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) schon in Kürze folgen. Dort wären zehn südostasiatischen ASEAN-Staaten sowie unter anderem auch die Chinesen und Inder inbegriffen. Doch zuletzt stellte sich Indien quer, weil Peking zu sehr seine eigenen Ziele verfolgte, hieß es.

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