Freytags-Frage

Eine Handelsverschwörung gegen die USA?

Donald Trump will Leistungsbilanzdefizite nicht länger akzeptieren – und könnte hart gegen Deutschland vorgehen. Doch sind die überhaupt ein Problem? Und was kann der Präsident wirklich dagegen tun? Vier Antworten.

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US-Präsident Donald Trump. Quelle: AP

Der neue Präsident der Vereinigten Staaten zeigt sich in seiner ersten Amtswoche hyperaktiv. Die Medien werden zu Feinden erklärt, die Mauer muss her, den Klimawandel gibt es nicht, die transpazifische Partnerschaft (TPP) soll rückgängig gemacht und Chicago von kriminellen Elementen gesäubert werden, die Gesundheitspolitik wird auf den Kopf gestellt. Noch nicht auf die Agenda hat es die Leistungsbilanz geschafft – irgendetwas muss ja noch für die zweite Arbeitswoche übrigbleiben.

Dabei hat die Bundesbank doch eine ordentliche Vorlage für einen neuen kernigen Tweet (wie wäre es mit „Crooked Europeans dump their bloody exports – will kill them all“) geliefert. In ihrem jüngsten Monatsbericht hat sie dargelegt, dass die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer Abwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar beigetragen haben. Nun fürchten viele Beobachter, dass die neue US-Administration die Europäer und vor allem die Deutschen wegen ihres Leistungsbilanzüberschusses attackieren werden.

Protektionistische Maßnahmen drohten, so die Befürchtung. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat ja bereits deutlich geäußert, dass er bilaterale Handelsbilanzdefizite nicht länger akzeptieren will. Damit zeigt er wiederum ein enormes Unverständnis für gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge und gefährdet die amerikanische Volkswirtschaft.

Die Wahlversprechen Donald Trumps
Arbeitsplätze Im Vergleich mit anderen, zum Beispiel südeuropäischen, Industrieländern ist die Arbeitslosenquote in den USA relativ niedrig - dennoch hat Trump versprochen 25 Millionen Jobs in der ersten Amtszeit neu zu schaffen. Quelle: REUTERS
Einwanderung und EinreiseSeine einwanderungspolitischen Versprechen sind zentral für den Wahlerfolg gewesen: - Bau einer Mauer auf der kompletten Grenze zu Mexiko, für die Mexiko bezahlt - Abschiebung von zwei Millionen illegalen Immigranten - „Extreme Überprüfung“ aller Einreisenden - Einstellung von Visa an Angehörige von Staaten, die „kriminelle illegale Einwanderer“ nicht „zurücknehmen“ - Verschärfung der Visa-Regeln Quelle: AP
GesundheitDer Widerstand gegen die obligatorische Gesundheitsversicherung "Obamacare" gehört seit Jahren zu den großen Aufregerthemen der Republikaner. Trump versprach, die Versicherung abzuschaffen. Quelle: REUTERS
HandelFür Wirtschaftsunternehmen und Regierungen außerhalb der USA machen sich vor allem Sorgen um seine protektionistische Handelspolitik. Trump hat angekündigt, das Handelsabkommen Nafta mit Mexiko und Kanada neu verhandeln zu wollen und sich aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP zurückzuziehen. Quelle: dpa
Oberstes GerichtDurch die Bestimmung der Nachfolger von verstorbenen Bundesrichtern können Präsidenten die US-Politik langfristig mitprägen - der Senat muss allerdings zustimmen. Quelle: REUTERS
RegulierungenTrump versprach, die Bürokratie für Unternehmen zu mindern. Für jede neue Regulierung sollen zwei alte abgeschafft werden Quelle: dpa
SteuernTrump verspricht, die Steuerlast insgesamt zu erleichtern (zum Beispiel soll die Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent gesenkt werden) und das System durch die Reduzierung der Steuerklassen von sieben auf drei zu vereinfachen. Quelle: dpa

Die Begründung dieser These ist am einfachsten mittels der Beantwortung der folgenden vier Fragen zu leisten.

Erstens: Ist ein Leistungsbilanzdefizit im Grundsatz ein Problem?
Zweitens: Was sagen uns bilaterale Leistungsbilanzüberschüsse?
Drittens: Sorgt eine Abwertung automatisch für Leistungsbilanzüberschüsse?
Viertens: Kann man die Leistungsbilanz mit Hilfe von Zöllen oder Importverboten ausgleichen?

Die Antworten auf diese Fragen hängen natürlich eng zusammen. Wenn es erstrebenswert ist, eine aktive Leistungsbilanz aufzuweisen, müsste man in der Tat Maßnahmen zu ihrer Aktivierung, also einem Überschuss, ergreifen. Die Merkantilisten haben dies geglaubt, ein Glaube, der auch heute noch viele Anhänger, vor allem in der Politik, aber auch in den Medien und sogar in der Wissenschaft hat.

Um die erste Frage zu beantworten, muss man deshalb auf die Gründe für ein Leistungsbilanzdefizit eingehen. Wie kommt ein Leistungsbilanzdefizit zustande? Es hilft zur Beantwortung dieser Frage sehr, sich die Logik der Zahlungsbilanz näher anzusehen. Die Leistungsbilanz hängt spiegelbildlich an der Kapitalbilanz, das ergibt sich aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Das Volkseinkommen kann entweder gespart oder konsumiert werden, so sagt es die Verwendungsrechnung. Die alternative Entstehungsrechnung addiert die Komponenten der Entstehung, das heißt Konsumnachfrage, Investitionsnachfrage und Exportnachfrage, und zieht die Importe davon ab. Drückt man diese simplen Rechnungen in Gleichungsform aus und zieht eine Gleichung von der anderen ab, so ergibt sich eine Identität:

Export – Importe = Ersparnis – Investition.

Mit anderen Worten. Der Leistungsbilanzüberschuss entspricht einem Kapitalbilanzdefizit (zuzüglich der Veränderung der Währungsreserven) oder ein Defizit in der Leistungsbilanz entspricht einem Überschuss an Nettokapitalströmen. Daran lässt sich nichts ändern.

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