Freytags-Frage

Was bleibt von den Olympischen Spielen?

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Korruption beim IOC

DOSB zieht Halbzeitbilanz in Sotschi

Ein weiteres Übel derartiger Großveranstaltungen ist das Verhalten der Sportfunktionäre. Nicht nur, dass viele Mitglieder des IOC, der FIFA oder anderer Weltsportverbände als notorisch korrupt aufgefallen sind! Auch die Vergabepraxis an Länder, deren politische Regime undemokratisch sind, sodass es leicht ist, zivilgesellschaftlichen Widerstand zu unterdrücken und ökonomisch unsinnige, aber für die Verbände und ihre Funktionäre lukrative Bedingungen durchzusetzen, ist ein Ärgernis. Sogenannte Premium-Partner werden zulasten der lokalen Bevölkerung gepäppelt; so musste die Betreiber von Marktständen in Kapstadt während der WM 2010 den Marktplatz verlassen – stellen Sie sich vor, Sie würden von der FIFA mit einem vierwöchigen Berufsverbot belegt!

Damit sind wir explizit bei der Gruppe, die vermutlich am wenigsten von sportlichen Großveranstaltungen haben, wenigstens solange sie nichts zu vermieten oder verkaufen haben – die lokale Bevölkerung. Ihre Belange werden entweder nicht berücksichtigt oder ausdrücklich unterdrückt (siehe Kapstadt als harmloses, weil rein wirtschaftliches Beispiel). Für sie fällt wenig ab, gelegentlich sogar nur Nachteile.

Münchens gute Entscheidung

Diese Situation hat dann natürlich Auswirkungen auf die Umwelt. Der Bau neuer Sportstadien ist oftmals nicht mit der Bewahrung einer intakten Umwelt in Einklang zu bringen. Die ökologischen Konsequenzen dieser Winterspiele sind noch nicht abzusehen, aber es mutet schon komisch an, dass die schneeärmste Gegend Russlands ausgewählt wurde; und Skilaufen bei 15 Grad ist ein zweifelhaftes Vergnügen.

Umso mehr gefällt dem Kolumnisten, dass die Bewohner der Großregion München auf eine Bewerbung für die Winterspiele 2022 verzichtet haben. Sie waren nicht bereit, sich in die Fänge des IOCs zu begeben, und verzichten darauf, noch größere Liftanlagen und Sprungschanzen zu bekommen, und damit natürlich auch auf viele Jahre Bautätigkeit in der unmittelbaren Umgebung mit zweifelhaften Langzeitwirkungen sowohl für die Umwelt als auch für wirtschaftliche Entwicklung.

Fasst man zusammen, so sieht man eine Allianz von korrupten Sportfunktionären, undemokratischen Regimen, demokratischen Politikern und Weltkonzernen, die jeweils auf eigene Weise Nutzen aus diesen Großveranstaltungen ziehen wollen. In Sotschi hat dies nicht für alle in gewünschtem Umfang funktioniert. Das gibt einen Funken Hoffnung für die Zukunft, aber auch nicht mehr, denn die Fußball-Weltmeisterschaften in Russland 2018 und Katar 2022 dürften nicht allzu weit vom Muster Sotschi abweichen. Dennoch: Man kann ein Sportereignis auch ein wenig bescheidener und entspannter durchführen – denn immerhin geht es nur um Sport, eine schöne Sache, aber nur eine Nebensache, wenigstens für die meisten von uns.

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