Freytags-Frage

Was muss der Bundestag 2018 unbedingt anpacken?

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Probleme mit traditioneller Infrastruktur

Punkt 5
Neben der digitalen Infrastruktur gibt es auch Probleme mit traditioneller Infrastruktur. Beispiele gibt es genug: der provisorische Nord-Ostsee-Kanal, ein Schienennetz, das für den Güterverkehr ungeeignet ist, der Stuttgarter Bahnhof, der Berliner Flughafen. Man könnte die Liste beliebig erweitern. Immerhin ist – wenn auch mit Verspätung und höheren Kosten – die Hochgeschwindigkeitsstrecke von München nach Berlin fertig geworden. Bald werden die Züge wohl auch entsprechend schnell und pünktlich fahren.

Punkt 6
Diese Investitionsschwäche ist nur zum Teil finanziellen Engpässen geschuldet – schließlich sind die Steuereinnahmen auf einem historischen Höchststand. Die neue Regierung muss deswegen prüfen, ob der Ausgabenmix noch stimmig ist. Er scheint zu stark in die Vergangenheit (Rente) und zu wenig in die Zukunft (Digitalisierung) gerichtet zu sein.

Es gibt aber offenbar auch planungsrechtliche und planerische Probleme größeren Ausmaßes, wie die Schwierigkeiten mit den Großprojekten zeigen. Hier muss es jedenfalls eine Vereinfachung geben.

Punkt 7
Zum schiefen Ausgabenmix passt, dass die Steuerlast für viele Menschen unerträglich geworden ist. Inzwischen zahlen sehr viele Menschen den höchsten Grenzsteuersatz, obwohl sie nicht zu den Topverdienern der Republik gehören. Es ist dringend nötig, den Tarif an die Realität anzupassen. Außerdem muss der Solidaritätszuschlag abgebaut werden.

Punkt 8
Zuletzt gilt es, die EU zu befrieden, den Brexit ordentlich abzuwickeln oder abzuwenden und die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Die Äußerungen des SPD-Vorsitzenden Martin Schulz zur Schaffung eines Europäischen Bundesstaates sind dagegen nicht geeignet, die Probleme in Europa zu lösen. Vermutlich waren sie ohnehin nicht ernst gemeint.

Auch eine Vereinheitlichung der Finanzpolitiken oder eine europäische Steuerhoheit werden nur zu weiterem Streit beitragen. Nach wie vor gilt, dass die Mitgliedsländer der EU ihre fiskalischen Probleme selber lösen müssen. Würde ihnen mit den Steuereinnahmen anderer Länder geholfen, stärkte das nur die politischen Ränder und nähme den Regierungen jeglichen Anreiz, ordentlich zu haushalten. Jeder Versuch der Vergemeinschaftung von Schulden kann die Probleme der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nur vertiefen. Das ist sicherlich unter den Staatschefs und hohen Beamten der EU keine populäre Aussicht, muss aber bei allen Diskussionen mitgedacht werden.

Die Problem-Liste ist also nicht nur lang, sondern auch komplex. Deswegen braucht es eine stabile und kluge Regierung. Ob Verhandlungsführer, die von hohen Kosten für die andere Seite und roten Linien für ihre Klientel schwadronieren, dieser Aufgabe gerecht werden, wird sich zeigen. Die Erfahrungen mit der letzten Koalition, die groß zu nennen, sicherlich an der Realität vorbeigeht, lassen allerdings Zweifel aufkommen.

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