Freytags-Frage
Greta Thunberg und Donald Trump polarisieren die Massen - das ist nicht das, was die Wirtschaft braucht. Quelle: AP

Warum sind die Akteure in Davos (und Berlin) so mutlos?

Trump und Thunberg standen mit ihren gegensätzlichen Haltungen im Mittelpunkt des WEF. Dabei braucht es statt ihrer polarisierenden Äußerungen dringend wieder mehr Optimismus – und Vertrauen in die Marktwirtschaft.

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Es gibt Menschen, die sehen in jeder Schwierigkeit eine Herausforderung, die sie zu besonderen Leistungen animiert. Für sie ist nichts unmöglich; sie denken unternehmerisch. Andere wiederum fürchten sich vor Änderungen und wirken gelähmt, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Und dann gibt es die Vielen zwischen den beiden Polen.

In dieser Woche haben sich in Davos zahlreiche Spitzenvertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zum 50. Weltwirtschaftsforum getroffen. Die Hoffnung ist, dass es sich bei ihnen um Vertreter der ersten Gruppe handelt – wenigstens auf Dauer und im Durchschnitt. Die Veranstaltung soll nicht zuletzt deshalb auch dazu dienen, Lösungen für den Klimaschutz herauszuarbeiten.

Konsequenterweise standen US-Präsident Donald Trump und die schwedische Aktivistin Greta Thunberg mit ihren konträren Haltungen im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung. Während Trump den Klimawandel nach wie vor für irrelevant hält, fordert Thunberg die sofortige Einstellung von CO2-Emissionen und behauptet, es sei nichts passiert, seit sie die öffentliche Bühne betreten habe. Nun ist es erstens nicht wichtig, was ihretwegen passiert, und zweitens ist das weltweite Bewusstsein für den Klimaschutz in den letzten Jahren gestiegen; es ist also Einiges passiert.

Leider sind beide Positionen nicht zielführend; sie bilden nur die extremen Standpunkte ab und polarisieren entsprechend. Damit spiegeln die veröffentlichten Meinungen wohl kaum die öffentliche Meinung wider. Anders als die beiden Redner scheinen die meisten Menschen das Klimaproblem sowohl für real zu halten als auch Lösungen mit Augenmaß zu bevorzugen. Immerhin muss man dem US-Präsidenten zugutehalten, dass er – bei allem Unsinn, den er in Davos gesagt hat – ein wesentliches Problem angesprochen hat: Mit Untergangspropheten lässt sich die Zukunft nicht gestalten.

Ohne Mut und beherzte Aktionen ist das Problem des Klimawandels nicht in den Griff zu bekommen. Mut heißt hier nicht, einfach den Strom abzuschalten und Kraftwerke stillzulegen. Mut bedeutet, sich daran zu machen, für eine kollektive Lösung des Allmendeproblems – denn genau das ist der Klimawandel – zu werben. Idealerweise legt man eine globale Obergrenze der Emissionen fest und alloziiert die Emissionsrechte dann zunächst unter den einzelnen Ländern, die wiederum interne Mechanismen zur Zuordnung ihrer Emissionsmengen auf die heimischen Produzenten und Verbraucher festlegen. Hinzu kommen Vereinbarungen über internationale Kooperationen. Das klingt naturgemäß einfacher, als es ist. Dennoch ist es unabdingbar.

Hier hätten die in Davos versammelten Politiker und Wirtschaftslenker eine sehr gute Gelegenheit, dem Publikum, Trump und Thunberg ihre Innovationskraft und ihren Mut zu präsentieren. Von Topmanagern weltweit führender Unternehmen muss man Mut erwarten; sie müssten eigentlich unternehmerisch denken und handeln. Eigentlich hätten sie ein begeisterndes Plädoyer für eine marktwirtschaftliche Lösung des Klimaproblems auf globaler Ebenen halten müssen. Sie hätten auf die Innovationskraft der Unternehmen in einer Marktwirtschaft hinweisen können, die mit technischen Lösungen auf die preislichen Anreize der Emissionszertifikate reagieren und dadurch sowohl ökologische Verbesserungen ermöglichen als auch Arbeitsplätze schaffen und Gewinne erzielen können.

Optimismus ist angesagt, gerade in Europa, das nur noch für wenige Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist und gezeigt hat, dass man wirtschaftlichen Wohlstand und Emissionen sehr wohl entkoppeln kann: In Deutschland sind die CO2-Emissionen seit 1990 um ein Drittel zurückgegangen und das Bruttoinlandsprodukt ist real um die Hälfte gewachsen. Das ist eine gute Nachricht. Wenn es in der Zeit einen effektiven Zertifikatehandel gegeben hätte, wäre wohl mehr Einsparung zu geringeren Gesamtkosten möglich gewesen (immerhin kostet die Energiewende die Stromkunden pro Jahr mehrere Milliarden Euro).

Natürlich sind die Topmanager nicht allein verantwortlich für die Art und Weise, wie das globale Problem angegangen wird. In Davos waren Präsidenten und Minister vieler Länder anwesend, darunter auch solche mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein. Von ihnen hätte man ähnliche Statements wie von den Managern erwartet – klare Ansagen zum Fahrplan für den Klimaschutz auf globaler Ebene kombiniert mit realistischen Ankündigungen für nationale Strategien.

Die Realität sieht anders aus: Öffentliche Aussagen der anwesenden Politiker und Wirtschaftsführer klangen eher frustriert oder apologetisch. Schwung und Optimismus jedenfalls blieb aus. Stattdessen müssen sich die Teilnehmer verspotten lassen, weil sie vielfach mit privaten Fliegern anreisten – das hat zwar relativ unbedeutende Wirkungen auf das Klima, wirkt aber nicht sehr überzeugend im Gesamtzusammenhang.

Auch außerhalb von Davos gibt es vorwiegend schlechte Nachrichten. In Deutschland wird gerade ein durch und durch planwirtschaftliches und überteuertes Klimapaket verabschiedet. Es ist jetzt schon absehbar, dass die Vorgaben kaum einzuhalten sind (und die 50 Milliarden Euro nicht reichen werden). Immerhin, so kann man zynisch anmerken, vermeidet die Regierung eine effiziente marktwirtschaftliche Lösung, von der in Deutschland ja ohnehin nicht mehr viele Menschen etwas halten. Gerade vor diesem Hintergrund aber wäre eine mutige Klimapolitik angesagt. Die meisten Menschen wenden sich vermutlich vor allem deshalb vom Kapitalismus ab, weil sie so viele Ausnahmen und Sonderrechte für einige Unternehmen und Sektoren für falsch halten und sie irrigerweise als Marktversagen interpretieren. Es handelt sich aber um ein Staatsversagen.

Richtig wäre es gewesen, auf die Erfolge marktwirtschaftlicher Ansätze im Umweltschutz zu verweisen; dazu gibt es breite empirische Evidenz, übrigens auch in Deutschland. Dazu muss man aber selbst davon überzeugt sein oder wenigstens die marktwirtschaftlichen Mechanismen verstehen. Wenigstens von der verfassten Wirtschaft hätte man sich erhoffen dürfen, dass hier klar Stellung bezogen wird. Wahrscheinlich waren die Subventionen hoch genug, um den Widerstand gegen ineffektive und völlig überteuerte Versuche der Klimapolitik zu brechen. Auch hier sieht man Staatsversagen durchscheinen.

Insgesamt braucht es wieder mehr Optimismus und Vertrauen in die Kreativität der Vielen, also in die Marktwirtschaft. Wir wissen, dass Planwirtschaft nicht zu besserem Umweltschutz führt. Angst und Katastrophenstimmung sind keine guten Ratgeber, da, aber nur da, hat Donald Trump Recht. Es wird Zeit, dass sich Politik und die verfasste Wirtschaft wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben besinnen und Problemlösungen in den Blick nehmen. Nur so ergibt das Weltwirtschaftsforum überhaupt Sinn.

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