Freytags-Frage
US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping treffen sich dieses Wochenende beim G20-Gipfel in Osaka Quelle: REUTERS

Kann der G20-Gipfel den Handelskrieg beenden?

Ab heute ringen die Mächtigen der Welt auf dem G20-Gipfel um Lösungen für die drängendsten Probleme. Gelingt es China, Trump zu überzeugen, dass eine Verschärfung des Handelskrieges nicht im Interesse der USA liegt?

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Am Freitag beginnt im japanischen Osaka der Gipfel der Gruppe der Zwanzig (G20), auf dem die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer miteinander über die drängendsten Probleme der Welt diskutieren und sich idealerweise auf ein aussagekräftiges Abschlusskommuniqué einigen. Im Vorfeld hat es bereits einige Ministertreffen gegeben, auf dem erhebliche Vorarbeiten geleistet wurden.

Der japanische Gastgeber hat darauf einen erheblichen Einfluss genommen, indem er bereits vor einem Jahr bei Übernahme des Vorsitzes (und der damit verbundenen Funktion als Gastgeber) die Agenda für den Gipfel festgelegt hat. Der japanischen Regierung sind die folgenden Themen besonders wichtig:

  • Wachstum in der Weltwirtschaft, Fortschritte der Handels- und Investitionspolitik (beide gehören in der Tat logisch zusammen),

  • Innovationen, insbesondere im Bereich der digitalen Wirtschaft,

  • Umwelt und Energiepolitik (im Verbund mit Klimapolitik),

  • Beschäftigung,

  • Entwicklung der ärmsten Länder,

  • Gleichstellungspolitik und

  • Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen für alle.

Jedes dieser Ziele hat seine Berechtigung, und die japanische Agenda ist im Prinzip sinnvoll. Allerdings ist sie nicht sehr spezifisch und erlaubt damit ein positiv zu interpretierendes Gipfelergebnis, und zwar unabhängig davon, ob sich die Regierungen tatsächlich auf einen gemeinsamen Abschlusstext einigen können.

Das ist keineswegs selbstverständlich. Schon im vergangenen Jahr verweigerte die US-Regierung dem Bekenntnis zum Protektionsabbau die Zustimmung. Auch in diesem Jahr sind die Vereinigten Staaten (USA) sehr zurückhaltend mit Blick auf den Außenhandel. Die gemeinsame Erklärung der Finanzminister und Notenbankgouverneure, der wichtigsten Ministerrunder im Vorfeld des Gipfels, enthält im Kern sehr wichtige und zielführende Aussagen zur gesamten Agenda. Nur zur Gleichstellung und zum Außenhandel sagt das Dokument nichts; bei der Gleichstellung könnten immerhin noch einige Aussagen zu sozialen Aspekten als Hinweise erkannt werden. Außenhandel findet keine Erwähnung. Dies ist ein klares Indiz für fehlende Einigung, denn unter normalen Umständen würden die Minister dieses Thema nicht fallenlassen, zumal sich alle anderen Ziele des Kommuniqués ohne einen weitgehend offenen Welthandel vermutlich nur schwer erreichen lassen.

Stattdessen überließen sie das Feld den Handelsministern und ihren für die digitale Ökonomie zuständigen Kollegen, einem vergleichsweise weniger wichtigen Gremium. In einem separaten Text dieses Kollegiums werden von 18 Seiten knappe vier dem Außenhandel gewidmet, der übrige Text behandelt die digitale Ökonomie in vielerlei Facetten. Immerhin erkennen die Handelsminister die Bedeutung der Welthandelsorganisation (WTO) und die Notwendigkeit einer Reform der WTO an.

Damit kann bereits zu Beginn des Gipfels abgesehen werden, dass bis zum letzten Moment um ein handelspolitisches Ergebnis gerungen werden wird, allerdings ohne Garantie auf ein konstruktives Ergebnis. Es sieht vielmehr ganz danach aus, als bleibe auch der von Japan organisierte Gipfel in diesem Bereich hinter den Möglichkeiten zurück. Der Grund liegt in der unlogischen, aber in sich schlüssigen Haltung der amerikanischen Administration zum Außenhandel, die in Abweichung zu einer knapp siebzigjährigen Doktrin der USA der Offenheit und des gegenseitigen Vorteils durch Arbeitsteilung (lokal, regional, national, international und global) im internationalen Handel zunehmend in Nullsummenspiel zu sehen scheint.

Der irrlichternde und im Ton gern weinerliche US-Präsident Donald Trump bedrängt im Vorfeld viele Handelspartner einschließlich Indien, Mexico, China und seit Anfang der Woche auch wieder die Europäische Union (EU) mit Deutschland an der Spitze (O-Ton: „unfairer als China“), endlich fairer mit den USA umzugehen. Das ist schlicht Unsinn, denn die Zollsätze, die die Handelspartner erheben, sind das Ergebnis langer Einigungsprozesse, denen die USA zugestimmt hat. Dessen ungeachtet droht er ihnen mit immer neuen Zöllen. Dabei scheint es überdies ziemlich egal zu sein, inwieweit ein Land bereits auf die US-Forderungen eingegangen ist.

Vor diesem Hintergrund ist das geplante persönliche bilaterale Treffen des US-Präsidenten mit seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping das vermutlich wichtigste Ereignis am Rande des G20-Gipfels. Vielleicht gelingt es der chinesischen Delegation, Präsident Trump davon zu überzeugen, dass eine Verschärfung des bereits angezettelten Handelskrieges nicht im Interesse der USA liegt. Dies hängt wohl davon ab, ob der Präsident seine Wiederwahlchancen durch einen schärferen Handelskrieg verschlechtert sieht oder nicht. Solange die US-Wirtschaft robust bleibt, ist dies unwahrscheinlich. Vielleicht ist das beim nächsten Gipfel anders!

Selbst, wenn eine Eskalation verhindert werden kann, ist nicht klar, ob die Einigung dann zulasten deutscher Exporteure geht (weil der Präsident ein Ventil sucht), oder ob sich das handelspolitische Klima insgesamt verbessert. Allzu viele Hoffnungen sind nicht angebracht.

Das ist aber kein Anlass, den Kopf in den Sand zu stecken. Auch ohne die Bereitschaft der USA, sich an die internationalen Handelsregeln zu halten, ist Außenhandel ein wichtiger – bei weitem nicht der einzige – Treiber der Armutsbekämpfung und des Wirtschaftswachstums. Es lohnt sich – im Zweifel auch ohne die USA – weiterhin an einer offenen Welt zu arbeiten. Es gibt lukrative Märkte außerhalb der USA. Insofern kann man dem Gastgeber nur wünschen, dass es ihm gelingt, eine starke Front gegen den Protektionismus aufzubauen (idealerweise 20 Länder, sonst auf jeden Fall 19). Dann lassen sich die anderen Themen auf der Agenda besser realisieren und kann der Gipfel ein Erfolg werden.

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