Freytags-Frage

Welche Folgen haben Trumps Steuerpläne?

Die Steuerreform von Donald Trump dürfte das amerikanische Defizit in die Höhe treiben. Der US-Präsident könnte Zölle anheben, um das auszugleichen. Was das für den Welthandel und die Europäer bedeutet.

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Welche Folgen haben Trumps Steuerpläne für Europa und den Welthandel? Quelle: AP

Wie versprochen hat US-Präsident Donald Trump einen Entwurf zur Steuerreform vorgelegt, in dem die Unternehmenssteuern drastisch gesenkt werden sollen. Auch das Einkommensteuersystem soll vereinfacht werden. Dies ist im Grundsatz vernünftig, da die Steuern für amerikanische Unternehmen in den USA gegenwärtig im internationalen Vergleich recht hoch sind. Wenn es zudem gelingt, Schlupflöcher für Unternehmen zu stopfen, könnte eine solche Reform Vorbildcharakter einnehmen: breite Basis, niedriger Satz. Vielleicht schaut der Bundesfinanzminister mal genauer hin.

Nehmen wir für einen Moment an, dass der amerikanische Präsident die Reform durchsetzt. Wenn es gut läuft, entstehen neue Jobs und neue Unternehmen. Investitionen in den Vereinigten Staaten steigen an, ausländisches Kapital wird angelockt. Der Effekt auf die Steuereinnahmen ist unsicher: Einerseits sinken sie wegen der stark gesunkenen Sätze, andererseits steigen sie wegen der gestiegenen Unternehmensgewinne. Welcher Effekt überwiegt, ist im Vorhinein unklar.

Es gab bereits einige Vorläufer für große Steuerreformen in den USA, sodass man nicht davon ausgehen kann, dies sei die großartigste Steuerreform der amerikanischen Geschichte, wie es der US-Finanzminister am Mittwochabend angedeutet hat. In den Achtzigerjahren gab es unter Präsident Ronald Reagan zwei Steuerreformen, die erheblich zu einem Defizit im Staatshaushalt und einem Defizit in der Leistungsbilanz (das sogenannte Twin Deficit) beigetragen hat. Allerdings hatte Reagan zeitgleich die Staatsausgaben für Rüstungszwecke erhöht. Präsident Trump will die Infrastruktur erneuern und die Mauer nach Mexiko deutlich verstärken. Hier liegen also durchaus Parallelen.

Die Wahlversprechen Donald Trumps

Insofern ist zu erwarten, dass die geplante Steuerreform – zumindest in den ersten Jahren – das Defizit im amerikanischen Staatshaushalt auf Bundesebene erhöhen wird. Außerdem ist wegen der potentiellen Kapitalzuflüsse in die USA eine weitere Passivierung der Leistungsbilanz nicht ausgeschlossen. Beides birgt ein hohes internationales Konfliktpotential und führt uns so zu den Zöllen.

Denn weitere Staatsverschuldung wird angesichts des erreichten Schuldenstandes der US-Bundesebene von knapp 20 Billionen US-Dollar, das sind rund 61.500 US-Dollar pro Bürger, nur schwer begründbar und politisch schwer durchsetzbar sein. Ein Ausweg könnte die Erhöhung von Zöllen auf importierte Produkte sein. Aber auch diesem Weg sind Grenzen durch die Welthandelsordnung gesetzt. Denn Zollerhöhungen über die gebundenen Zollsätze hinaus würden zu Anklagen der USA durch betroffene Länder bei der Welthandelsorganisation (WTO) führen. Zwar kann die WTO Schiedssprüche gegen die USA kaum durchsetzen, aber es kann nicht im langfristigen Interesse der USA liegen, als notorischer Regelbrecher die globale handelspolitische Disziplin zu untergraben.

Weder rechtlich noch intellektuell begründbar

Noch dramatischer wird die Konfliktlinie, wenn man an die Auswirkungen einer Steuerreform auf die amerikanische Zahlungsbilanz denkt. Denn wenn es wirklich gelingt, ausländisches Kapital anzuziehen, das zu neuer Beschäftigung in den Vereinigten Staaten führt, beziehungsweise Kapitalexporte amerikanischer Investoren zu vermeiden (weil diese jetzt in den USA investieren), bewirkt dies einen Nettokapitalzufluss. Dieser wird – unter sonst gleichbleibenden Bedingungen – zu einer Aufwertung des US-Dollars führen.

Ein teurer gewordener Dollar bewirkt eine Importsteigerung und eine Exportsenkung. Also droht eine weitere Passivierung der Leistungsbilanz und der Handelsbilanz der USA, hier als Ergebnis beschäftigungsfreundlicher Steuerpolitik. Man kann es auch positiv ausdrücken: Die amerikanischen Terms of Trade verbessern sich, das heißt für dieselbe Menge Exportgut (wie zuvor) bekommen die Amerikaner nun eine höhere Menge Importgut (als zuvor).

Wissenswertes zum internationalen Handel

Darüber sollte man im Grunde froh sein als US-Präsident. Der amtierende Präsident scheint dies anders zu sehen beziehungsweise sich in der merkantilistischen Falle zu befinden und den Zusammenhang von Leistungs- und Kapitalbilanz nicht zu verstehen. Dies zumindest lassen seine bisherigen Äußerungen zum US-Handelsbilanzdefizit erkennen. So wäre es nicht verwunderlich, wenn eine weitere Passivierung der US-Leistungsbilanz als Folge der Steuerreform im Weißen Haus gar nicht der Steuerreform zugeschrieben würde, sondern als ein singuläres Ergebnis einer Verschwörung anderswo (je nachdem, welches Land dann seine bilaterale Handelsbilanz zu den USA weiter aktivieren könnte) betrachtet würde. Dann drohte der gegenwärtigen Logik des Präsidenten zufolge eine weitere Zollerhöhung gegen ebendieses Land.

Man erkennt sofort, dass eine solche Zollerhöhung weder rechtlich noch intellektuell begründbar wäre. Ob dies den US-Präsidenten davon abhielte, sie zu fordern und gegebenenfalls durchzusetzen, ist offen und kann wohl bezweifelt werden. Insofern wären die Vertreter anderer Länder und internationaler Organisationen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF) gut beraten, auf diese Zusammenhänge früh und vor allem deutlich hinzuweisen.

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