Freytags-Frage
Burkina Fasos Präsident Roch Marc Christian Kabore und Angela Merkel reichen sich im Vorfeld der 'Compact with Africa'-Konferenz die Hände. Quelle: AP

Wird „Compact with Africa“ ein Erfolg?

Die Kampagne Compact with Africa soll deutschen Unternehmen den Einstieg in Afrika erleichtern. Doch die Kritik daran ist vielfältig und kommt aus allen politischen Lagern. Was ist dran an den vier häufigsten Vorwürfen?

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Wie können afrikanische Länder Investitionen aus den G20-Ländern an Land ziehen? Wie kommen Interessierte in Kontakt, wie kann man auch Mittelständlern den Einstieg in afrikanische Länder erreichen? Unter diesem Motto stand der dritte G20-Investitionsgipfel, zu dem Staatschefs oder hohe Regierungsvertreter aus den zwölf am „Compact with Africa“ (CwA) beteiligten afrikanischen Ländern am Dienstag in Berlin eintrafen. Sie sollten jeweils mit der Gruppe der 20 Industrie- und Schwellenländer (G20) sowie den wichtigsten internationalen Organisationen gemeinsam wirtschaftliche und politische Reformen erarbeiten.

Der CwA besteht auf afrikanischer Seite aus Äthiopien, Ägypten, Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien. Diese Länder gelten als gut regiert. Der CwA wurde im Sommer 2017 von der Bundesregierung vorgeschlagen und seitdem gemeinsam umgesetzt. Im vergangenen Jahr lobte Deutschland einen Betrag von einer Milliarde Euro für drei Initiativen aus: Für AfricaConnect, das 400 Millionen Euro für deutsche und europäische Mittelständler vorsieht. AfricaGrow soll kleine und mittlere afrikanische Unternehmen mit ebenfalls 400 Millionen Euro fördern. 200 Millionen Euro sollen im Zuge des Wirtschaftsnetzwerks Afrika in die Beratung deutscher Unternehmen in Afrika fließen.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gab im Vorfeld des Investitions-Gipfel am 19. November bekannt, dass bereits 220 Anträge auf Förderung eingegangen und einige interessante Vorhaben, die mehrere tausend Arbeitsplätze schaffen sollen, umgesetzt worden seien. Hinzu kommen Reformpartnerschaften mit den drei CwA-Ländern Elfenbeinküste, Ghana und Tunesien. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) unterzeichnete am Dienstag ein Abkommen mit Senegal. Nun sei die Wirtschaft am Zug, es gäbe keinen Grund mehr zur Zurückhaltung, hieß es.

Doch das sehen nicht alle so: Die Kritik ist vielfältig und sie kommt aus allen politischen Lagern. Nichtregierungsorganisationen etwa kritisieren, dass das Geld vor allem an deutsche Firmen gehe und sich der ganze Prozess an den Interessen der G20 ausrichte.

Das stimmt in gewisser Weise, stellt aber kein Problem dar. Denn Investitionen kommen nur zustande, wenn der Investor eine realistische Chance auf Erfolg sieht. Das muss auch im Interesse der afrikanischen Partner sein, die sich längst nicht mehr als Hilfeempfänger ansehen. Spricht man mit afrikanischen Geschäftsleuten und Politikern, fallen regelmäßig Begriffe wie „Gewinn“, „Return-on-Investment“ oder „Augenhöhe“. Es ist mit Sicherheit eine Frage der afrikanischen Würde, ob eine europäische Initiative nur karitativ daherkommt oder ob sie die Partner insofern ernst nimmt, dass beide Seiten gewinnen können.

Aus welchen Ländern die Direktinvestitionen in Afrika zwischen 2014 und 2018 kamen

Ein zweiter Kritikpunkt ist durchaus vergleichbar: Muss die afrikanische Seite mit der Reformpartnerschaft wieder nur als Empfänger segensreicher Initiativen aus dem gutmeinenden Norden herhalten? Von Paternalismus ist die Rede.

Es scheint meiner Auffassung nach aber so zu sein, als ob sich die Bundesregierung wirklich Mühe gibt, den Begriff Partnerschaft zu leben. Zudem geht es nicht darum, irgendwelche Reißbrettideen in allen afrikanischen Ländern durchzusetzen. Vielmehr wird gezielt mit Blick auf landesspezifische Probleme gearbeitet. Und in der Tat ist es afrikanischen Regierungen oft unmöglich, ohne Hilfe von außen Reformprojekte, die sie selbst für richtig befinden, durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist die Kritik im Prinzip nachvollziehbar, aber im Abgleich mit der Realität scheint sie übertrieben.

Drittens wird kritisiert, dass die deutsche Afrikapolitik und Afrikastrategie zersplittert seien. Damit steige der bürokratische Aufwand in Deutschland und Afrika gleichermaßen.

Diese Kritik ist berechtigt, denn die Förderung der Aktivitäten deutscher Unternehmen liegt nicht in einer Hand, sondern ist aufgeteilt auf das BMZ, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), das Bundesfinanzministerium (BMF), das Auswärtige Amt (AA) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Das Kanzleramt spielt ebenfalls eine Rolle. Das macht es gerade für Mittelständler recht schwierig, die notwendige Förderung zu bekommen, und wirkt im Ausland auch nicht vertrauenerweckend. Es wirkt auch ein wenig so, als würden die Ressorts sehr genau darauf achten, dass niemand in ihre Zuständigkeiten eingreift. Besser wäre es, die Afrikastrategie an einer Stelle zu bündeln und Synergien zu nutzen. In einer modernen demokratischen Gesellschaft sollten solche Probleme eigentlich der Vergangenheit angehören.

Viertens klagt die deutsche Wirtschaft über unzureichende Förderung. Die Investitionsgarantien des Bundes decken zwar das politische Risiko ab und die Bundesregierung hat hier in den letzten Jahren zugelegt. Dennoch scheint es nicht genug zu sein, denn das wirtschaftliche Risiko bleibt; viele Unternehmen scheinen es in Afrika als sehr hoch einzuschätzen. In einer Marktwirtschaft sollte das unternehmerische Risiko zwar nicht vom Staat gedeckt werden, doch angesichts der Konkurrenz aus China – zumeist Staatsunternehmen – und der Bedeutung, die die Bundesregierung dem afrikanischen Kontinent aus vielerlei Gründen zubilligt, sollte man hier auf die Wirtschaft eingehen und neue Wege der Unterstützung suchen. Aus Sicht afrikanischer Standorte sollte eine Investition deutscher Unternehmen denen chinesischer Unternehmen vorzuziehen sein. Und zwar aus mehreren Gründen, die da beispielsweise wären: Qualität der Produkte, Durchsetzung von Menschenrechten und soziale Erwägungen.

Schließlich scheint es so zu sein, dass Deutschland im CwA ziemlich allein dasteht. So sagten Delegationen aus Frankreich und der Europäischen Union ihre Teilnahme am Dienstag kurzfristig ab. Damit wird aus einer internationalen Initiative beinahe eine nationale. Für die Reformländer in Afrika wäre eine konzertierte Aktion vermutlich besser.



Heißt dies alles, dass der Compact with Africa ein Misserfolg wird? Keineswegs, denn die afrikanischen Partner waren offenbar sehr zufrieden, auch wenn nicht alle Ziele, so zum Beispiel eine Partnerschaft mit Marokko, erreicht wurden. Die Bundesregierung hat aber ihr ernsthaftes Interesse am afrikanischen Kontinent bekräftigt und deutlich gemacht, dass ihr sehr am Erfolg afrikanischer Reformbemühungen gelegen ist. Der Fokus auf Investitionen deutscher Unternehmen in Afrika ist richtig – immerhin sind andere Nationen wie zum Beispiel Frankreich wesentlich stärker in Afrika engagiert. Deutschland hat etwas aufzuholen, da kann Exklusivität nicht schaden. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung dran bleibt und ihre Afrikastrategie weiter schärft. Dann kann das Engagement gelingen, egal wie es genannt wird und wer außer Deutschland noch mitmacht.

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