Friedensbemühungen in Syrien USA gehen auf Russland zu

In der Syrien-Krise sucht Washington erneut den Kontakt zu Moskau. Ob das auf eine echte Kooperation hinausläuft, bleibt offen. Die Frage nach der Zukunft von Machthaber Assad entzweit beide Mächte nach wie vor.

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Am Donnerstag trifft US-Außenminister John Kerry (r.) den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Quelle: AFP

Washington Es könnte das letzte Angebot an Russland sein: Wenn US-Außenminister John Kerry am Donnerstag den Kremlchef Wladimir Putin in Moskau trifft, dürfte der amerikanische Gast nach den frustrierenden Fehlschlägen der vergangenen Monate in Syrien einen weiteren Vorschlag unterbreiten. Es geht dabei um eine erweiterte Kooperation von Geheimdiensten und Militär im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat und ähnliche Gruppierungen, wie aus US-Kreisen verlautete.

Aber natürlich will Kerry für das lange erwartete Kooperationsangebot auch eine Gegenleistung: Der syrische, von Russland unterstützte Präsident Baschar al-Assad soll den Waffenstillstand mit den von der US-Regierung unterstützen Rebellengruppen einhalten und einen politischen Übergang einleiten. Für Kerry wird das ein kompliziertes Unterfangen. Denn er musste miterleben, wie das syrische Militär und die russische Luftwaffe jeden Waffenstillstand der vergangenen Monate brachen. Und der US-Außenminister muss zugleich aufpassen, nicht zu viel anzubieten.

Die Gespräche in Moskau finden weniger als drei Wochen vor einem Ultimatum statt, in dem diplomatische Fortschritte gefordert wurden. Ein Durchbruch ist aber kaum zu erwarten. Die Kämpfe in der Nähe von Aleppo, der größten syrischen Stadt, nehmen zu. Assad hat die Kontrolle über mehrere Gebiete des Landes wiedererlangt, die er verloren hatte.

Humanitäre Hilfe in den besetzten, von Rebellen kontrollierten Gebieten ist nur sporadisch und extrem ineffizient. Und bei den Anti-Terroreinsätzen gegen den IS und Al-Kaida ist kein Ende in Sicht. Unter diesen Bedingungen wären Friedensvereinbarungen jeglicher Art ohnehin nur begrenzt.

„Der angestrebte Termin für den Übergang ist der 1. August“, sagte Kerry vor zwei Monaten, noch in der Hoffnung, Russland und Syrien dazu zu bringen, die Kämpfe zu stoppen. „Entweder etwas passiert in diesen nächsten paar Monaten, oder sie machen einen ganz neuen Weg erforderlich.“

Aber dieser „ganz neue Weg“ ist bisher undefiniert geblieben hinter vagen Hinweisen auf ein militärisches Eingreifen, an dem saudi-arabische Truppen beteiligt werden sollen. Eine größere Rolle sollen die USA dabei nicht spielen, wenn es nach dem Weißen Haus und der Pentagonspitze geht.


US-Diplomaten halten militärische Antwort für notwendig

Wieder einmal ist Washington in einer bekannten Strategie gefangen: Die US-Regierung fordert von Russland, Assad zu zwingen, militärische Angriffe gegen moderate Rebellen zu stoppen, die Bombardierung von zivilen Zielen einzustellen und Hilfsorganisation den Zugang zu besetzten Gebieten zu ermöglichen.

Als zusätzlichen Anreiz stellen die USA nun eine noch engere Zusammenarbeit gegen den IS und die mit Al-Kaida verbundene Al-Nusra-Front in Aussicht. Dennoch scheut Washington davor zurück, zu eng mit Russland zusammenzuarbeiten. Die USA wollen nicht als diejenigen gelten, die Assad stärken. Schließlich bezeichnen führende US-Politiker ihn als „Schlächter“ und „Massenmörder“. Zudem hatten russische Bomber auch Anti-Assad-Rebellengruppen angegriffen, die Waffen, Ausbildung und weitere Unterstützung von den USA und anderen Verbündeten wie Saudi-Arabien erhalten haben.

Ein Papier, das von 51 Mitarbeitern des Außenministeriums unterzeichnet wurde, illustriert, was viele US-Diplomaten eigentlich denken: Eine militärische Antwort der USA ist notwendig, um den syrischen Konflikt zu lösen. Vorausgesetzt, Moskau verstärkt den Druck durch seine Bodentruppen.

Während einige US-Regierungsbeamte die militärische Bedeutung dessen, was nun Russland angeboten wird, herunterspielen, ist der symbolische Effekt nicht zu leugnen. Russland war sehr daran interessiert, seine Intervention im vergangenen Herbst als Teil des globalen Kampfes gegen den IS und andere terroristische Gruppen zu präsentieren - und nicht als einen Schachzug, um Assad an der Macht zu halten.

Mehr Zusammenarbeit mit der USA könnte diese Lesart untermauern. Das Arrangement könnte Moskau zudem größere Rückendeckung gewähren, um gegen Streitkräfte vorzugehen, die die amerikanische Regierung als moderat einstuft.

Das Pentagon ist daher besorgt. Aber der Regierung bleiben wenige Alternativen. Denn angesichts der vielen, bislang unerfüllten Drohungen während des syrischen Bürgerkriegs wird der Ruf nach einer stärkeren Rolle der USA lauter. Schließlich erklärten die USA vor fünf Jahren schon, Assads Tage seien „gezählt“, und Obamas schwor, militärisch zu antworten, wenn chemische Waffen zum Einsatz kämen. Auch hier machte die US-Regierung 2013 einen Rückzieher.

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