Front National Jobaffäre soll Millionen-Schaden verursacht haben

Europaabgeordnete des französischen Front National sollen Assistenten auf Parlamentskosten beschäftigt haben, die in Wahrheit für die Partei tätig waren. Mitten im Wahlkampf-Endspurt Marine Le Pens werden Vorwürfe laut.

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Brüssel/Paris Die Jobaffäre der rechtspopulistischen Front National (FN) von Marine Le Pen könnte dem EU-Parlament einen Schaden von bis zu fünf Millionen Euro zugefügt haben. Diese Zahl nannten mit dem Fall vertraute Quellen am Donnerstag. Assistenten von FN-Abgeordneten sollen statt im Europaparlament unerlaubt für die Partei in Frankreich gearbeitet haben. Auch Le Pen selbst, die am 7. Mai bei der Stichwahl um das französische Präsidentenamt antritt, steht deshalb als Europaabgeordnete schon länger im Visier der französischen Justiz.

Bei dem nun bekannt gewordenen Betrag handelt sich um eine Hochrechnung der potenziellen Summe für die Jahre seit 2012, die das Parlament erstellt hat. Le Pens Anwalt Rodolphe Bosselut kritisierte im Sender BFMTV eine „politischen Kommunikation“, um seine Mandantin in Verruf zu bringen. Le Pen hatte sich in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag für die Stichwahl gegen den sozialliberalen Emmanuel Macron qualifiziert. Bei einem Sieg will sie ein Referendum über Frankreichs EU-Mitgliedschaft ansetzen.

Der Anwalt des EU-Parlaments, Patrick Maisonneuve, bezeichnete den genannten Betrag als „seriöse Schätzung“. „Die große Mehrheit der Assistenten haben ihren Arbeitsort entweder in Nanterre, dem Sitz der FN, oder in Montretout, (bei) Familie Le Pen“, sagte er BFMTV. „Sie arbeiten für die Front National, nur dass sie vom Europäischen Parlament bezahlt werden.“

Französische Ermittlungsrichter hatten zuletzt die Aufhebung von Le Pens parlamentarischen Immunität beantragt, um sie zu befragen und möglicherweise ein Verfahren gegen sie einleiten zu können. Sie weist die Vorwürfe als politisch motiviert zurück und hatte sich unter Berufung auf ihren Abgeordneten-Status geweigert, während des Wahlkampfs einer Vorladung der Ermittler nachzukommen.

Die EU-Antibetrugsbehörde Olaf hatte bei Le Pen wegen der Beschäftigung von Assistenten „schwere Unregelmäßigkeiten“ festgestellt. Auf dieser Grundlage verlangt das EU-Parlament von ihr knapp 340 000 Euro zurück. Dagegen wehrt sie sich juristisch. Ähnliche Vorwürfe richten sich auch gegen andere FN-Abgeordnete, unter anderem Parteigründer Jean-Marie Le Pen.

Le Pens Stichwahlgegner Macron hatte die Rechtspopulistin schon vor Bekanntwerden des Millionenbetrags in ungewöhnlicher Härte angegriffen. „Sie kommt aus einer Partei, die sich dauerhaft geweigert hat, die Gesetze der Republik zu respektieren“, sagte der Ex-Wirtschaftsminister am Mittwochabend bei einem Auftritt im nordfranzösischen Arras. „Sie (Le Pen) hat sich geweigert, sich den Richtern der Französischen Republik zu fügen.“

Umfragen sehen Macron bei der Finalrunde gegen Le Pen am 7. Mai deutlich vorne. Die Front-National-Politikerin besuchte am Donnerstag im Wahlkampf Fischer in Südfrankreich. In Paris demonstrierten junge Leute gegen beide Stichwahl-Kandidaten: „Weder Banker noch Rassistin“, stand in Anspielung auf den früheren Investmentbanker Macron und Le Pen auf einem Schild.

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