Fünf Frauen für den Frieden „Werft Bücher statt Bomben!“

Fünf Friedensnobelpreisträgerinnen auf einen Streich: Die Aktivistinnen aus Guatemala, USA, Irland, dem Iran und Jemen kämpfen für eine friedlichere Welt und die Rechte von Frauen. Ivanka Trump ist für sie kein Vorbild.

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Die Friedensnobelpreisträgerinnen Jody Williams (USA), Shirin Ebadi (Iran), Rigoberta Menchú Tum (Guatemala), Mairead Macaire (Irland) und Tawakkol Karman (Jemen) (v. li.) diskutierten auf Einladung des Initiativkreises Mönchengladbach über Menschenrechte und die Rolle der Frau. Quelle: Initiativkreis Mönchengladbach

Mönchengladbach Kriege werden von Männern geführt. Aber wäre unsere Welt eine friedlichere, wenn Frauen regieren würde? Jody Williams, die für ihren Kampf gegen Landminen 1997 den Friedensnobelpreis bekam, hat dazu eine ganz klare Meinung: „Die Welt wäre nicht friedlicher, wenn es Frauen sind, die die männlichen Machtmuster akzeptieren – so wie Hillary Clinton, Indira Gandhi oder Maggie Thatcher.“ Frauen würden auch heute nur in die Zirkel der Macht eingelassen, wenn sie männliches Machtgebaren beherrschten, betonte die amerikanische Friedensaktivistin gegenüber dem Handelsblatt.

Der Friedensnobelpreis wurde bis heute 130 Mal vergeben. Bertha von Suttner war die erste Frau, die einen erhielt. Das war 1905. Die österreichische Publizistin hatte sich unter anderem mit ihrem Roman „Die Waffen nieder!“ für den Pazifismus stark gemacht. Tatsache ist: 88 der Friedensnobelpreise gingen an Männer, 26 an Organisationen – und nur 16 Preise an Frauen. Fünf von ihnen trafen sich diese Woche in Mönchengladbach auf Einladung des dortigen Initiativkreises, ein Zusammenschluss von 30 Unternehmern der Stadt.

Mit rund 50 jungen Friedensaktivistinnen der Nobel Women's Initiative erarbeiteten die Laureatinnen Strategien und Taktiken gegen Krieg, Gewalt und gesellschaftliche Spaltung. Doch wie können sich Frauen im Kampf für den Frieden mehr Gehör verschaffen?

„Frauen bringen ein neues Bewusstsein in die Welt“, ist Mairead Maguire überzeugt. Sie initiierte die einflussreichste Friedensbewegung in Nordirland und bekam dafür 1976 den Nobelpreis. Viele Studien belegten, so Maguire, dass Frauen anders an Dinge herangingen als Männer. „Sie sind weniger konfrontativ, dialogbereiter und können zuhören.“ Bei Konflikten sähen Frauen auch den menschlichen Faktor. Männer dagegen zögen meist Krieg als einzige Lösung in Betracht, so die Erfahrung der Aktivistin.

Das große Manko der Frauen: Anders als Männern fehlten ihnen die Netzwerke, um sich Einfluss und Gehör zu verschaffen, so Maguire. Ist denn Präsidententochter und Unternehmerin Ivanka Trump ein Rollenvorbild für die moderne Frau? Jody Williams rümpft abfällig die Nase. „Ivanka? Ich hätte lautstark in die Buhrufe in Berlin mit eingestimmt. Da sagte sie doch wirklich, ihr Vater Donald Trump sei ein Förderer von Frauen.“

„Donald Trump mag Frauen nicht“, konstatiert Williams trocken, die schon mit Präsident Bill Clinton hart ins Gericht ging, „es sei denn, sie sehen gut aus“: Seitdem Trump an der Macht sei, schwinge in den USA – aber auch anderswo - das Pendel in Sachen Gleichberechtigung von Frauen wieder zurück, beobachtet sie. Die Wahl von Trump sei aber nur das Resultat von vielen Jahren, in denen Amerikaner in den Schulen verdummten, meint Williams. Was etwa Gewaltenteilung bedeute, werde den Kindern nicht mehr beigebracht. Auch die US-Nachrichten berichteten fast nur noch über Promis. Was sonst in der Welt Wichtiges passiere, davon erfahre man in vielen Nachrichten-Sender kaum noch, kritisiert Williams.


„Jeder Diktator hat eine Mutter, die ihn so erzogen hat“

Die Amerikaner sähen sich immer noch als friedvolles Volk, wundert sich Williams. Denn gerade Trump schüre doch Konflikte – nach innen wie nach außen. „Trumps Fundamentalismus ist genauso wie der islamische Fundamentalismus“, meint Friedennobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Beide spielten mit Ängsten, um ihre Macht auszubauen. Ebadi war im Iran die erste Richterin und kämpfte nach der Islamischen Revolution 1979 für Menschen- und Frauenrechte. Als erste Muslimin erhielt sie 2003 den Friedensnobelpreis. Ebadi betont: „Es ist viel schwieriger, Mauern in den Köpfen einzureißen als Mauern aus Stein.“

Westliche Medien zeichneten ein Bild vom Islam als gewalttätige Religion, kritisiert die Muslimin. Doch auch die anderen Religionen würden missbraucht für Gewalt. Der IS sei nicht nur eine terroristische Gruppe, sondern vor allem eine falsche Ideologie. „Eine Ideologie lässt sich nicht mit Bomben bekämpfen. Baut lieber Schulen! Denn die meisten Menschen dort sind Analphabeten. Werft Bücher auf den IS statt Bomben!“

Die Welt müsse die beiden Wurzeln des Terrorismus bekämpfen: Unwissenheit und Hoffnungslosigkeit, so die Iranerin, die heute im britischen Exil lebt.

Tawakkol Karman aus dem Jemen, bekannt in ihrer Heimat als „Mutter der Revolution” des arabischen Frühlings, entlarvt die Schizophrenie des Westens: „Wir sind Deutschland und Angela Merkel sehr dankbar, dass sie so viele Flüchtlinge aufnehmen.“ Andererseits lieferten die USA und Europa Waffen in alle Welt. Tawakkol appelliert an den Westen: „Lasst uns nicht allein! Lasst nicht zu, dass Diktatoren ihr Volk umbringen!“

Frauen im Jemen seien doppelt unterdrückt: zum einen vom Regime, zum anderen von einem falsch ausgelegten Islam. Tawakkol, die mit 32 Jahren 2011 die jüngste Friedensnobelpreisträgerin war, hatte keine Angst, mit Kopftuch an vorderster Front friedlich zu demonstrieren. Auch wenn sie später entführt wurde und ins Gefängnis kam.  „Ich wollte als Frau die Opferrolle überwinden und zeigen: Frauen dürfen auch führen.“ Diktatoren hätten Angst vor Frauen, die nach Frieden und Gerechtigkeit rufen.

Schuld an Krieg und der Unterdrückung von Frauen sind aber nicht allein die Männer, betonten die fünf Friedensnobelpreisfrauen unisono. Die Irin Maguire stellt klar: Keineswegs seien Frauen „die Guten“ und nur Männer, diejenigen, die Probleme bereiteten. Und Shirin Ebadi hält den Frauen den Spiegel vor: „Jeder Diktator hat schließlich eine Mutter, die ihn so erzogen hat.“

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