




Der alte Westen leidet an Selbstüberschätzung – und womöglich ist die Verlegung des G8-Gipfels von Chicago ins abgeschirmte Camp David ein Ausdruck dessen: Den Organisatoren um US-Präsident Barack Obama schwirren Bilder von vormaligen G8-Gipfeln durch den Kopf, als Globalisierungskritiker in Heiligendamm oder im italienischen Genua Bahngleise blockierten und mit Pflastersteinen um sich warfen. Das kann der Demokrat im Wahlkampf gar nicht brauchen. Lieber gleich ins abgeschirmte Camp David nach Maryland.
Keiner kommt rein, keiner kommt raus – aber warum eigentlich? Die Zeiten mystisch aufgeladener G8-Gipfel, bei denen sich die Westmächte als Kraftmeier der Weltpolitik inszenieren ließen, sind seit der Finanzkrise vorbei. Globalisierungskritiker haben das offenbar begriffen: Bei den letzten G8-Treffen im französischen Deauville und im kanadischen Huntsville blieben die Proteste überschaubar, die zotteligen Weltverbesserer verlagern ihre Kapazitäten eher an die globalen Finanzplätze.
Die G8-Staatschefs spielen trotzdem weiter Weltregierung – dabei ist die „Gruppe der mächtigsten Acht“ nicht viel mehr als ein Arbeitskreis zur Vorbereitung des G20-Gipfels. In diesem Gremium, das einen Monat später im mexikanischen Los Cabos tagt, wird wirklich globale Politik gemacht, denn dort sitzt China als bald weltgrößte Ökonomie mit am Verhandlungstisch, statt nur Zaungast zu sein.