Kyoto Bundespräsident Joachim Gauck hat bei seinem Besuch in Japan für eine lebendige Demokratie geworben. Es gebe immer die Gefahr, dass demokratische Errungenschaften zurückgedrängt würden, sagte Gauck am Donnerstag in einer Diskussion mit Studenten der Universität von Kyoto. „Demokratie muss ein lernfähiges System sein“, betonte er.
In einer Rede hob Gauck die Herausforderungen durch die alternde Gesellschaft und die Folgen des Klimawandels hervor. Japan und Deutschland stünden damit vor sehr ähnlichen Problemen, sagte er. Diesen Herausforderungen zu begegnen sei eine gemeinsame Zukunftsaufgabe auch für die Wissenschaft und erfordere Innovation und Pioniergeist.
Dies gelte umso mehr, als weltweit autoritäres Denken und populistische Strömungen an Einfluss gewönnen, sagte Gauck. Er zeichnete den japanischen Politikwissenschaftler Takeshi Kawasaki aus Tokio mit dem Siebold-Preis 2016 aus.
Kawasaki, der unter anderem zu den deutschen Parteien geforscht und lange in Deutschland gelebt hat, sprach in seiner Dankesrede von einer „großen Verunsicherung“, die in Deutschland und Europa spürbar sei. Viele Menschen ließen sich weniger von Fakten leiten als von Gefühlen, von Vorurteilen und Ängsten. „In diesen Tagen erkenne ich manchmal mein Deutschland nicht wieder“, sagte Kawasaki.
Der mit 50.000 Euro dotierte Preis für japanische Wissenschaftler ist nach dem deutschen Arzt und Japanforscher Philipp Franz von Siebold benannt und wurde 1978 vom Bundespräsidenten Walter Scheel bei seinem Japan-Besuch erstmals verliehen.
Im Goethe-Institut der alten Kaiserstadt Kyoto traf Gauck am Nachmittag Stipendiaten und Künstler. Zum Abschluss seines fünftägigen Japanbesuchs besucht er am Freitag die Hafenstadt Nagasaki, die 1945 durch eine amerikanische Atombombe zerstört worden war. Am Freitagabend fliegt er nach Deutschland zurück.