Geldpolitik Die Fed handelt, die EZB schläft

Fed-Chef Jerome Powell Quelle: imago images

Die Geldpolitik in den USA und Europa läuft immer stärker auseinander. Das könnte gefährliche Folgen für den Euro und die Währungsunion haben.

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Wochenlang hatten die Teilnehmer an den Finanzmärkten mit Spannung auf diesen Mittwoch gewartet. Denn es sollte die Premiere von Jerome Powell als neuem Chef der US-Notenbank Fed vor der Presse werden. Das Warten der Analysten hat sich gelohnt. Denn Powell lieferte nicht nur die allseits erwartete Zinserhöhung. Er schleuste den Zielbereich für den Zins, zu dem sich die Geschäftsbanken über Nacht Zentralbankgeld leihen, um 25 Basispunkte auf nunmehr 1,5 bis 1,75 Prozent nach oben.

Powell überraschte auch, in dem er für nächstes Jahr eine stärkere Straffung der Geldpolitik in Aussicht stellte als bisher. Dem jüngsten Zinsschritt der Fed dürften also weitere folgen. In den USA bahnt sich – anders als in Europa – ein ausgeprägter Zinserhöhungszyklus an.

Die geldpolitische Straffung ist gut begründet. Denn die Konjunktur in den USA droht heiß zu laufen. Die Arbeitskräfte werden knapp, der Anstieg der Löhne beschleunigt sich. Noch liegt die Kernrate der Preisinflation für Konsumausgaben unter der Zielrate der Fed von knapp zwei Prozent. Doch der Lohn- und Preisdruck werde sich in den nächsten Monaten beschleunigen, warnte Powell.

Der Hauptgrund dafür sitzt im Weißen Haus und heißt Donald Trump. Die Ende vergangenen Jahres verabschiedete Steuerreform des US-Präsidenten stellt einen spürbaren Einkommenstransfer vom Staat zu den privaten Haushalte und den Unternehmen dar. Das Geld, das diesen zusätzlich in der Kasse bleibt, wird in den nächsten Monaten seinen Weg in Investitionen und Konsumausgaben finden. Unternehmen und Konsumenten konkurrieren dann zunehmend um knappe Ressourcen, was deren Preise nach oben treibt. Dazu kommt, dass die von Trump avisierten Importzölle die Einfuhren nach Amerika verteuern und den Preisdruck zusätzlich verstärken.

Die höheren Leitzinsen in Amerika dürften den Währungshütern der Europäischen Zentralbank (EZB) nur recht sein. Denn der Zinsvorsprung Amerikas lockt Kapital von Europa über den Atlantik. Das hat zwei Effekte. Erstens dürfte der Euro gegenüber dem Dollar und denjenigen Währungen nachgeben, die am US-Dollar hängen. Das verbilligt die Waren der Eurozone und kurbelt die Exporte an. Auf diese Weise erhalten die schwindsüchtigen Südländer wie Italien einen zusätzlichen Schub für die Konjunktur. Zudem treibt der billige Euro die Importpreise nach oben und beschleunigt die Verbraucherpreisinflation in Europa. Das wird die Inflationisten in der EZB, die dort die Mehrheit haben, freuen.

Zweitens ziehen höhere Zinsen in Amerika die Zinsen weltweit nach oben, weil das Kapital außerhalb Amerikas knapper wird. Vor allem die Renditen länger laufender Staatsanleihen reagieren auf die Vorgabe höherer Zinsen aus Amerika. Das ist Wasser auf die Mühlen der geldpolitischen Tauben in der EZB. Sie könnten unter Hinweis auf den Aufwärtstrend der Zinsen am langen Ende des Kapitalmarktes argumentieren, man dürfe den Trend nicht noch durch eigene Leitzinserhöhungen in Europa verstärken.

Die Frage ist nur, wie lange es gut geht, wenn die Fed die Zinsen weiter anhebt, während die EZB an ihren Bonsai-Zinsen festhält. Sollte der Aufschwung in den USA trotz der Leitzinsanhebungen anhalten, dürfte die diametral verlaufende Geldpolitik dies-und jenseits des Atlantiks die Eurozone zu einer italienischen Währungsunion mutieren lassen – mit schwacher Währung und hoher Inflation.

Überzieht Powell hingegen mit seinen Zinserhöhungen, könnte der seit fast zehn Jahren laufende US-Aufschwung abrupt in einer Rezession enden. Diese zöge auch Europa und den Rest der Weltwirtschaft mit nach unten. Anders als Jerome Powell hätte EZB-Chef Mario Draghi dann aber keine Zinsmunition mehr im Köcher, um dem Absturz entgegen zu wirken. Für die Konjunktur in Europa sind das keine guten Aussichten.

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