Gemeinschaftswährung Der Euro spaltet Europa

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Eine italienische Quelle: dpa

Der bisherige Plan der Euro-Retter zielte darauf ab, die Peripherie-Staaten zu isolieren. Die Union hatte sich mit ihrem Rettungspaket für Griechenland und dem Rettungsfonds EFSF, der Irland und Portugal zur Seite sprang, eine Atempause verschafft. „Die gekaufte Zeit wurde aber nicht genutzt“, kritisiert Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken. Und nun findet sich Europa mit Brandherden an der Peripherie wieder, von denen der Funke in Richtung Zentrum überspringen kann. Die Politik weiß, dass sie nicht mehr bis zum Herbst warten kann, um eine Lösung für Griechenland vorzulegen. Die Ansteckungsgefahr für Italien zwingt zu einem schnellen Handeln. In ungewöhnlicher Offenheit gab EU-Währungskommissar Olli Rehn vergangene Woche zu, dass die Finanzminister der Euro-Zone über die jüngsten Entwicklungen „sehr besorgt“ seien.

Jene, die von der Krise nur indirekt betroffen sind, beobachten die Ereignisse beunruhigt. „Es ist an der Zeit, die Krise in der Euro-Zone entschlossen anzugehen und zu verhindern, dass die Verunsicherung der Märkte die Weltwirtschaft beschädigt“, fordert etwa der britische Finanzminister George Osborne. „Wir sind nicht immun gegen Instabilität vor unserer Haustür.“

Erweiterung nicht in Sicht

Die Turbulenzen in der Euro-Zone verschärfen die ohnehin große Skepsis der Briten gegenüber der Gemeinschaftswährung. Politisch ist das kein Problem, denn die Briten haben, wie Dänemark auch, der EU von Anfang an eine Sonderregelung abgetrotzt, nach der sie nicht Mitglied im Währungsclub werden müssen. Ganz anders dagegen die Länder, die der EU seit 2004 beigetreten sind. Sie haben sich allesamt vertraglich dazu verpflichtet, ihre eigene Währung aufzugeben, sobald sie die Maastricht-Kriterien erfüllen.

Länder wie Tschechien und Polen haben gerade während der Krise gute Erfahrungen mit einer eigenen Geldpolitik gemacht. Warum sollten sie nun einem Club beitreten, der seine eigenen Regeln nicht mehr ernst nimmt? Polens Ministerpräsident Donald Tusk merkte kürzlich süffisant an, Polen werde Mitglied, „wenn auch der Euro-Raum die eigenen Kriterien respektiert“. Deutlicher hätte er die Euro-Zone kaum auffordern können, das eigene Haus in Ordnung zu bringen.

Andere osteuropäische Staaten teilen Polens Haltung. Analysten der Investmentbank Nomura rechnen frühestens im Jahr 2015 mit einer Erweiterung der Euro-Zone, wenn etwa Litauen und Lettland beitreten könnten. Angesichts der Ereignisse der vergangenen Tage stellt sich allerdings die Frage, welche Überlebenschancen die gemeinsame Währung überhaupt hat. Noch muss die Politik beweisen, dass sie tatsächlich willens ist, alles zu tun, um die Euro-Zone zu stabilisieren, wie sie in Krisensituationen ein ums andere Mal betont. Der Satz droht zur leeren Formel zu werden, wenn das europäische Führungspersonal nicht bald einen überzeugenden Vorschlag zur Zukunft des Euro präsentiert. Ökonomen weisen darauf hin, dass in der Vergangenheit Währungsunionen ohne eine Einbettung in eine politische Union gescheitert sind.

Die Beispiele mögen historisch sein, lehrreich sind sie allemal. 1865 gründeten Frankreich, Belgien, Italien, die Schweiz und Griechenland die Lateinische Münzunion. Auch wenn die politischen Umstände des Scheiterns nicht mit der heutigen Situation zu vergleichen sind: 1914 explodierten die Staatsdefizite, es folgte eine Abwertung. Die Union zerfiel. Auch die 1827 gegründete Skandinavische Münzunion zerbrach an mangelnder Haushaltsdisziplin. „Ursächlich für den Untergang waren somit in beiden Fällen die hohen Staatsverschuldungen in einigen Teilnehmerländern und deren anschließende Monetarisierung“, betont Thomas Mayer, Chefökonom der Deutschen Bank.

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