Gesetzesentwurf Brüssel will EU-weit Firmenverlagerung erleichtern

Unternehmen in ein anderes EU-Land verlegen - das will die EU erleichtern. Kritiker fürchten ein Einfallstor für Sozial- und Steuerdumping.

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Brüssel Firmen sollen nach dem Willen der EU-Kommission europaweit einfacher ihren Sitz verlagern oder sich aufspalten können. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag legte die Brüsseler Behörde am Mittwoch vor. Demnach existieren derzeit in den EU-Staaten unterschiedliche Regeln, die dies erschweren. Nach Schätzungen der Behörde könnten Firmen mit den Plänen in den kommenden fünf Jahren insgesamt bis zu 280 Millionen Euro sparen. Damit sie Gesetz werden können, müssten die EU-Staaten und das Europaparlament noch mehrheitlich zustimmen.

Bevor sie ihren Sitz verlagern könnten, müssten Unternehmen jedoch einige Bedingungen erfüllen, sagte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans. Sie müssten ihren Angestellten, Gläubigern und Teilhabern die Auswirkungen der Verlagerung transparent darlegen.

Der EU-Staat, in dem der Firmensitz ursprünglich gemeldet ist, soll den Umzug bei Zweifeln zudem verhindern können. Die größere Mobilität dürfe nicht genutzt werden, um Steuern zu sparen oder Arbeitnehmerrechte zu umgehen, meinte Timmermans.

Nach den Plänen der EU-Kommission sollen sich zudem neue Unternehmen künftig vollständig im Internet anmelden können. Damit sollten Zeit und Geld gespart werden können, sagte die zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova.

Nach Angaben der Brüsseler Behörde können Firmen bislang in 17 EU-Staaten online gegründet werden. Künftig soll dies europaweit möglich sein, zudem sollen erforderliche Dokumente nicht wie bislang mehrfach, sondern nur ein einziges Mal übermittelt werden müssen. „Das klingt logisch, ist in der Praxis aber oft nicht der Fall“, sagte Jourova. Die Behörde geht davon aus, dass Unternehmen in Europa allein dadurch bis zu 84 Millionen Euro pro Jahr sparen können.

Der Unternehmerverband Business Europe begrüßte die Pläne. „Wir sehen den Vorschlag als eine Möglichkeit, EU-Firmenregeln endlich ins 21. Jahrhundert zu hieven“, sagte Generaldirektor Markus Beyer. Unternehmen hätten seit Jahrzehnten darauf gewartet, vollständig von ihrer Niederlassungsfreiheit zu profitieren, sagte er weiter.

Kritik kam hingegen aus dem Europaparlament. Die Vorschläge wirkten wie ein Programm zur Förderung des Steuer- und Sozialdumpings, meinte der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold. Die SPD-Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann sagte, das entscheidende Kriterium sei der Ort der wirtschaftlichen Aktivität. „Die Niederlassungsfreiheit ist selbstverständlich eine der Grundfreiheiten der EU, doch nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

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